Kultur: Ständig Öffentlichkeit üben
Kammermusik im Schüler-Wettstreit
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Wenn die Jugend musiziert, dann muss nicht immer „Jugend musiziert“ dahinterstecken, es geht auch anders. Zum zweiten Male richtete die Städtische Musikschule am Sonnabend einen „betriebsinternen“ Wettbewerb aus, wo es etwas moderater zugeht als bei dem „klassischen“ Bruder. Neben der Traute, sich in einem kleineren Kreis an die Öffentlichkeit zu wagen, wird von den Teilnehmern des Sparkassen-Kammermusik-Wettbewerbs die Beherrschung eines schnelleren und eines virtuosen Stücks freier Wahl erwartet.
Wenn man bei der frühabendlichen Preisvergabe in der Babelsberger Friedrichskirche den einen oder anderen Namen, dieses oder jenes Ensemble von den Ausscheiden „Jugend musiziert“ bereits kannte, so zeigt das nur gesteigerten Fleiß. Am wichtigsten ist dieses „Ich versuch“ es“, denn ein Musikschüler soll nicht nur sein Instrument beherrschen, er muss auch ständig „Öffentlichkeit üben“.
So geschah es am Samstag. 53 junge Musiker der Altersgruppe 9 bis 16 Jahre hatten sich diesmal beworben, 14 Ensembles stellten sich einer fünfköpfigen Jury, bestehend aus ehemaligen und amtierenden Lehrern dieser Musikschule. Man achtete auf die altersgerechte Zusammensetzung der „bunten Formationen“ wie auf Virtuosität, besonders aber auf das Niveau des gemeinschaftlichen Musizierens, dies sei ja, so Direktor Wolfgang Thiel bei der Eröffnung, die „Firmenphilosophie“ seines Hauses. Wie die Ausschreibung allein in diesen Händen lag, so die Auspreisung bei einem der bewährtesten Sponsoren weithin.
Die MBS, auch schon beim ersten Wettbewerb im vorigen Jahr sehr spendabel, lobte auch diesmal erhebliche Geldpreise in dreistelliger Höhe für die besten Ensembles aus. Sie dienen nicht zum Eisessen, sondern zur Anschaffung teurer Noten, Instrumente, für den Besuch eines Meisterkurses oder einer gemeinsamen Fahrt. Eine erstklassige Idee, und so fand MBS-Vertreter Dirk Gärtner schnell die passenden Worte: „Das Geld ist hier sehr gut angelegt“.
Zum Auftakt spielten die Sonderpreisträger des vergangenen Jahres, ein Ensemble mit Annika Pauligk (Violine), Gabriel Gutzmann (Cello) und Bibi Böhme an den Tasten einen Satz aus Claude Debussys Klaviertrio G-Dur. Dann folgten Reden und Dank an alle Beteiligten, Ehrungen (kunstvoll beurkundet) und Musik. Allerdings „durften“ nur die Sonderpreisträger auftreten, eigentlich schade, man hätte gern mehr hören wollen. Helgrid Pippig führte mit angenehm lockerem Ton durch die einstündige Veranstaltung. Vergeben wurden zwei 3. Preise, fünfmal der zweite. Aus den sieben ersten ermittelte man die drei Sonderpreisträger. Weil auch sie noch gestaffelt wurden, ging das Blockflötenquintett mit Björn Weidemann, Luise Catenhusen, Sarah Trumbull, Melissa Gutekunst und Almuth Schalinski in der Altersgruppe 11 bis 16 Jahre gleichsam als absoluter Sieger hervor.
Statt eines dritten Preises gab es zwei 2. für das gemischte Ensemble um Bruno Huonder (Violine), Leon Masopust, Matthias Sorge (beide Gitarre), Luise Hennig (Cello) und Johann Grümmer, Percussion, allesamt zwischen 9 und 12 Jahre alt. Bei den 13- bis 16-Jährigen holte sich das erstklassige Violoncello-Quartett (Jannis Morling, Moritz Löffler, Anatol Schmidt und Julius von Gierke) die Lorbeeren.
Von der Renaissance bis zum Klezmer, von irischer Folklore bis zum zünftigen Ragtime für vier Celli war des beherzten und schönen Musizierens viel. Versucht – und gewonnen!Gerold Paul
Gerold Paul
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