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Kultur: Stimmfülle

Zwei Jugendchöre vereint in der Friedenskirche

Stand:

„Wo man singt, da lass“ dich ruhig nieder!“ Viele waren dem unausgesprochenen Ruf am Samstag gefolgt, um das gemeinsame Konzert des „Jungen Vokalensembles Potsdam“ mit dem Frankfurter Knabenchor der dortigen Singakademie in der Friedenskirche zu hören. Die zweite Kooperation von Akademie zu Akademie auf gleicher Augenhöhe sozusagen, obwohl die Frankfurter mit Gründungsdatum 1981 deutlich „älter“ sind als das Ensemble 2002 gegründete von Gabriele Tschache.

Beim Programm „Leise zieht durch mein Gemüt“ ging es um die gemeinsame Freude am Singen. Und es kam beim Publikum im vollbesetzten Kirchenschiff gut an. Nach jedem Auftritt wurde applaudiert, sogar zwischen einzelnen Programmteilen Mendelssohn-Bartholdys op. 39. Die Potsdamer trugen diese Stücke „für gleiche Stimmen“ sehr sicher vor, nachdem man sich an den Gegenwartskomponisten Peter Wittrich gewagt hatte: „Drei Impressionen nach chinesischen Sprüchen“ war eine hörbare Melange aus Sprechgesang, jubelnder Harmonik modernerer Art und überraschenden Codierungen. Besonders hübsch das „Grüne Wasser“.

Die Ensembles präsentierten geistliche Musik in unterschiedlichen Anteilen, der Frankfurter Knabenchor unter dem Dirigat von Jürgen Hintze sogar mit besonders feiner Auswahl. Von Johann Christoph Bach „Der Mensch, vom Weibe geboren“ über Edward Elgars „Ave verum corpus“ und Cesar Francks „Panis angelicus“ bis zu der etwas massigen Adaption „Geh aus mein Herz und suche Freud“ von Rudolf Mauersberger gab es nichts, was diesen Vokalisten, auch den schon etwas „älteren“ Stimmen, zu schwer gewesen wäre. Besonders schön die „echten“ Knabenstimmen in dem raumgreifend arrangierten „Cruzifixus“ (Antonio Lotti) und eben beim Bach.

Die Potsdamer bestiegen die Orgelempore, um Gabriel Faurés „Sanctus“ und Mendelssohn-Bartholdy zu singen – manchmal in der Balance zwischen Gewünschtem und Machbaren. Während des Aufstiegs zur Empore spielte Johannes Kaufhold das sentimentale Andante Cantabile aus der 4. Sinfonie von Charles Widor. Auch die „Männerstimmen“ beider Chöre hatten ihren eigenen Auftritt. Aus Frankfurt waren Kompositionen des 18. und 19. Jahrhunderts zu hören, Bernhard Kleins „Singet dem Herrn“ oder Christian Rincks „Das ist meine Freude“ sehr schön empfunden, aus Potsdam Lieder von Brahms mit dunklem Timbre, sehr viel Gemüt und erstaunlicher Kraft.

Gemeinsamkeit beider Chöre entfaltete eingangs und ausgangs die ganze Fülle der Stimmen, junge und ältere, Damen wie Herren, das so cantable Unisono, den einen Willen, die Freude an der Musik. Mendelssohns „Leise zieht durch mein Gemüt“, Eichendorffs inniges „Morgengebet“, dann Beifall, etliche Ovationen, als Zugabe das Loblied auf den deutschen, grünen Wald („O Täler weit, o Höhen“) mit fast erwachsener Emphase. Hier also war gut“ Niederlassen, nur böse Menschen haben keine Lieder – höchstens einen Fernsehapparat. Gerold Paul

Gerold Paul

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