Kultur: Strahlende Königin
40 Jahre Schuke-Orgel in Erlöserkirche: Konzert mit Christian Skobowsky
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40 Jahre Schuke-Orgel in Erlöserkirche: Konzert mit Christian Skobowsky Was soll mit der desolaten Sauer-Orgel in der kriegskaputten Erlöserkirche geschehen? Rekonstruieren, restaurieren oder neu bauen? Für jede Variante ist der finanzielle Aufwand gleich groß. Also entschließt sich die Erlöser-Gemeinde für einen Neubau und beauftragt damit die Potsdamer Orgelbaufirma Schuke. Deren damaliger Chef Hans-Joachim Schuke hat klangliche Vorbilder, zu denen norddeutsche Meister und der barocke Orgelbauer Joachim Wagner gehören. Ähnlich soll das neue Werk klingen, dessen Disposition er mit Kantor Friedrich Meinel abstimmt. Schukes klare Vorstellungen von dem Instrument mit Brust-, Haupt- und Oberwerk decken sich jedoch nicht immer mit denen von Meinel. Endlich einigt man sich auf eine neobarocke Anlage. Für den geplanten dreietagigen Bau fehlt''s jedoch an der erforderlichen Höhe auf Emporenniveau. Folglich muss das geplante Oberwerk in einem abgeschirmten Gatter hinter das Hauptwerk gestellt werden. Es ist als Schwellwerk (mit Jalousieschwellern) konzipiert und macht die nach barocken Vorbildern gebaute Orgel in ihrer Art einmalig. Im Advent 1964 ist das Werk mit seinen drei Manualen und 38 klingenden Stimmen (Register) vollendet. Manche Institutionen haben das vierzigjährige Jubiläum ihrer Existenz nicht überdauert. Die Schuke-Orgel schon. Am zweiten Advent erinnert ein Orgelkonzert an den Jahrestag. Pastoren kommen und gehen, Friedrich Meinel bleibt und seiner „Königin“ über Dezennien treu, verwächst mit ihr auf''s Engste. „Haupt-, Brust- und Hinterwerk sind bestens aufeinander abgestimmt“, schwärmt er noch immer von ihr. Das erste von zwei Lobkonzerten spielt sein ehemaliger Schüler Christian Skobowsky, gebürtiger Potsdamer und sozusagen Sprössling der Erlösergemeinde, der mit dem Instrument groß geworden ist. Er singt im Kirchenchor, drückt die Orgelbank bei Gottesdiensten. Er studiert in Dresden und Halle, tritt seine erste Kantorenstelle in Schwerin an. Inzwischen ist er Kirchenmusikdirektor in Freiberg/Sa. und hat eine Silbermannorgel in seiner Obhut, die trotz ihrer 300 Jahre nichts von jugendlicher Frische und Klanggüte eingebüßt hat. Der 40-jährigen Verwandten, wenngleich entfernt, macht er ein ähnliches Kompliment. Sie sei eine der wenigen gutklingenden Vertreterinnen ihrer Zeit. Auf ihr zelebriert er eine Orgelmesse, die ihren „Text“ aus Werken von Jacob Frohberger (1616-1661) und Johann Seb. Bach (1685-1750) bezieht. Dessen Präludium a-Moll BWV 543 wählt er zur Einstimmung, die dazugehörige Fuge für den klangprächtigen Auszug. Beide erklingen festlich und nach allen Möglichkeiten des vollen Orgelwerkes aufrauschend – eine strahlende Königin zeigt sich im glanzvollsten Ornat. Auch in den Frohberger-Stücken wie der Toccata I oder Fantasia III liebt Skobowsky die principalbestimmten Klänge. In deren Mittelteilen setzt er auf Kontraste: er zieht Flötenregister, die den Eindruck des Glitzerns und Herabtröpfelns vermitteln. Einer frohen Verkündigung nicht unähnlich hört sich die Canzon III an, die durch das leicht schnarrende Zungenregister der Vox humana einen eigenartigen Reiz erhält. Ähnlich hält er es bei der Toccata VI, die er durch Verwendung des Tremulanten in ätherischen Regionen ansiedelt. Entsprechend fantasiereich trumpft der Kenner barocker Spielpraktiken auch bei Bach und dessen „Chorälen aus der Leipziger Originalhandschrift“ auf. Warm getönt und durch gravitätisches Pedalschreiten etwas düster wirkend, erklingt das schlichte „Nun komm, der Heiden Heiland“ BWV 659. Diskantlieblich und verzierungsreich tönt das „Schmücke dich, o liebe Seele“ BWV 654, zügig und strahlend „Nun komm, der Heiden Heiland“BWV 661. Das Ende der Stücke bekräftigt Domorganist Christian Skobowsky jeweils mit lang ausgehaltenem Schlussakkord. Ein sehr hörerfreundlicher Service. 40 Jahre Schuke-Orgel, 2. Konzert am 12. Dezember, 17 Uhr, Erlöserkirche. Friedrich Meinel spielt Werke von Bach, Messiaen, Reger u.a.
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