Kultur: Sympathisch
Neue Reihe: Potsdamer Kammerkonzerte
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Jung, doch nicht zu jung, neu, doch nicht ganz neu, anspruchsvoll, doch nicht vollkommen – so präsentierte sich dieser Tage das Ensemble der „Potsdamer Kammerkonzerte“ im Alten Rathaus zu seinem ersten Auftritt. Fast vierzig Besucher waren trotz strahlendstem Altweibersommers in den alten Theatersaal gekommen, um „Musik für Kinder, Jugendliche und Erwachsene" zu hören, etlicher Nachwuchs darunter. Man staunte, wie aufmerksam sie der literarisch-musikalischen Weltreise folgten, welche die fiktiven Figuren Kim und Anton mit einem alten Regenschirm unternahmen.
Die Flötistin Juliane Otto hatte sich den Text ausgedacht, Karla Haltenwanger verlas ihn zwischen den einzelnen Musikparts, etwas schnell und selten den Kindern zugewandt. Sie war, als Mitglied des Boulanger Trios, einer der Pianisten. Ihr Kollege Alexander Fleischer eröffnete mit Robert Schumanns „Kinderszenen“ op. 15 diesen reiselustigen Nachmittag durch Zeiten und Länder. Er spielte mit viel Freude in einem Tempo, welches dem „natürlichen“ Maß dieser Komposition angemessen war. Maurice Ravels „Valse nobles et sentimentales“ schien in seiner turbulenten Struktur eher für erwachsene Ohren bestimmt gewesen zu sein. Wie dem auch sei, das wohldurchdachte Programm mit weiteren Werken lief vortrefflich, auch wenn die Instrumentalisten – allesamt Lehrer der Freien Musikschule Potsdam – gelegentlich etwas aufgeregt waren.
Souverän zeigten die sieben Künstler dem aufgeschlossenen Publikum ihr Können. Das Boulanger Trio (Karla Haltenwanger, Klavier, Birgit Erz, Violine, Ilona Kindt, Violoncello) gab Griegs „Anitras Tanz“ aus der Peer Gynt Suite, Mussorgskys „Promenade und Ballett der unausgeschlüpften Kücken“ aus „Bilder einer Ausstellung“, und Pablo de Sarasates „Navarra“ recht hübsch und lebendig, während Johannes Brahms „Ungarischer Tanz Nr. 5“ vor lauter Temperament etwas überzuschäumen drohte. In der Besetzung für Flöte (Juliane Otto) und Harfe (Miruna Popovici) hörte man die irische Weise „Brandiswhiere''s Triumphant Return“ von Sylvia Woods und melancholische „Melodien für Hackenharfe“, von Braams-van Staa geschrieben. Im einem melodischen Auf und Ab erklang „Der Nebel steigt“ op. 41 aus Helge Rodes Schauspiel „Die Mutter“ für Flöte und Klavier von Carl Nielsen. Schon interessant, wie sich dieses Ensemble um Vielfalt und Ausdruck bemüht. Julian Hirsch begeisterte das Publikum mit zwei Solo-Parts aus dem 20. Jahrhundert von Reginald Smith-Brindle auf der Gitarre, indes Ástor Piazzollas Tango „Café 1930“ für diesen Anlass vielleicht nicht so geeignet war.
Dafür widmete die Texterin diesem Teil eine besonders hübsche Moderation, genau wie bei Mozarts „Türkischem Marsch“: Nie dagewesen, doch besser geschrieben als die alten Osmanen dort selbst. Also flog der alte Wunderschirm hierhin und dahin, die Kinder hielten sich in stiller Aufmerksamkeit, die Älteren genossen ein richtig schönes, sympathisches Eröffnungskonzert, welches mit Opus 15 von Schumann ausklang. Kim und Anton wurden ja nicht mutterseelenallein auf die Reise geschickt. Wie bei Hase und Igel, war ihre Musiklehrerin immer schon da, wenn die beiden in Argentinien oder Spanien, in Paris oder Bukarest landeten. Das ließe sich noch spielerischer gestalten. Glückwunsch also zum Auftakt. Gerold Paul
Gerold Paul
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