Kultur: Sympathische Ausraster
Der Showman und Sänger Olli Schulz spielt am morgigen Mittwoch im Lindenpark
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Er sieht sich selbst gern im Scheinwerferlicht, jede Wette: Olli Schulz, Singer-Songwriter, großklappige Quasselstrippe und Vorzeigegesicht vieler TV-Ereignisse. Am morgigen Mittwoch ist er mal wieder in Potsdam, und zwar im Lindenpark, dem er ja vor nicht allzu langer Zeit bereits die Ehre erwies. Und wer Schulz und seine Band gesehen hat, weiß, was ihn erwartet: Da wird schnodderig die Welt erklärt, und so ganz nebenbei wird der selbst ernannte Showman auch einige Lieder zum Besten geben.
Und die Songs haben es in sich, schrammen zwischen Banalität und Tiefgang hin - und her und reflektieren immer auch das Mitteilungsbedürfnis des Hamburgers. Nun sind die Hansestädter ja für ihre deutschsprachige Musik bekannt, die immer auch etwas metaphorisch und behäbig daherkommt – Schulz ist da eine Ausnahme. Was aber nicht heißen soll, dass man ihn nicht ernst nehmen sollte: Immerhin ist der Entertainer nicht nur für Geschmeidigkeit bekannt, sondern auch für seine öffentlichkeitswirksamen Ausraster, solche, die ihn trotzdem sympathisch rüberkommen lassen. Wie macht er das bloß?
Schulz ist eben auch einer, der sich gut vermarkten kann, und sei es als Youtube-Star. Ausraster, kleine Exzesse von Schulz gibt es massig: ob bei Circus Halligalli, gemeinsam mit seinen TV-Haudrauf-Kollegen Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf, oder in der Talkshow von Markus Lanz. Schulz schlüpft in Rollen, die puren Anarchismus versprühen und irgendwie auch das Sättigungsgefühl versprechen, auf das die schnelllebige Internetgeneration von heute aus ist: portioniert in kleinen Häppchen. So ist eine der großartigsten Charaktere, die Schulz verkörpert, der ewig trinkende, abgeranzte Schriftsteller Charles Schulzkowski, der mit einer Flasche Single Malt in der Hand öffentliche Veranstaltungen sprengt: die Berlinale etwa, oder die Touristikmesse. Da hält Schulz alias Schulzkowski einer auf Selbstdarstellung konzentrierten Gesellschaft den Spiegel vor – als das selbst ernannte Gewissen des Showbusiness.
Doch nicht nur das Showbusiness, auch die Musikbesessenheit ist in Schulz tief verwurzelt: Seine Karriere begann er hinter den Kulissen – als „pickeliger Specknacken mit einer Vorliebe für Lautes und Langhaariges“, wie er sagt. Das heißt nur, dass Schulz vor seiner eigenen Karriere als Roadie auf Touren unterwegs war, wovon er gern und oft erzählt. Dass er dabei nicht allzu viel musikalische Professionalität mitgenommen hat, ist ein offenes Geheimnis: Schulz ist mehr der Experte für Unfertiges, und wenn er sich mal verspielt, dann ist das halt so – die meisten wollen ihn wohl eh nur erzählen hören. Was er auch am besten kann.
Ansonsten ist Schulz nicht nur auf Bühnen, der Mattscheibe oder im Internet zu sehen, sondern auch im Radio zu hören – und zwar beim Potsdamer Sender „radioeins“, wo er jeden Sonntag von 16 bis 18 Uhr gemeinsam mit Jan Böhmermann die Radioshow „Sanft & Sorgfältig“ moderiert. Und was macht er noch? Er hat „Rapunzel" für eine Märchen-CD eingesprochen – und er spielt Fußball für die St.Pauli-Allstars. Aber das muss man als Hamburger wahrscheinlich ohnehin, um seine Glaubwürdigkeit zu verteidigen. Oliver Dietrich
Olli Schulz und Band am Mittwoch, 26. März, um 20 Uhr im Lindenpark, Stahnsdorfer Straße. Der Eintritt kostet 26,45 Euro im Vorverkauf
Oliver Dietrich
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