Kultur: Tage der vergnüglichen Vielorgelei Orgelsommer in Potsdam startet in seine 19. Saison
Eine Kirchenorgel kann man nicht mitnehmen. Also betreibe der reisende, gastierende und unterrichtende Organist notgedrungen Vielorgelei.
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Eine Kirchenorgel kann man nicht mitnehmen. Also betreibe der reisende, gastierende und unterrichtende Organist notgedrungen Vielorgelei. „Und nicht alle Instrumente, mit denen er sich einlässt, sind gleich viel wert“, verspöttelt Autor Hans Weigel die Zunft. Auch seien sie arm dran, die Organisten. Weil man ihnen beim Spielen nicht zusehen könne wie anderen Solisten. „Diese anderen können optisch Atmosphäre verbreiten, Zuhörer zu Zuschauern ihrer Virtuosität, ihrer Entrücktheit machen.“ Das wird sich beim heute beginnenden 19. Internationalen Orgelsommer Potsdam 2009 mit den zwölf Konzerten, die im wöchentlichen Wechsel an der frühromantisch geprägten Woehl-Orgel in der Friedenskirche und an der im vergangenen Jahr generalüberholten, dem barocken Klangideal huldigenden Schuke-Orgel in der Erlöserkirche stattfinden, nicht ändern lassen.
„Wie die Orgeln, so die Organisten“, wusste schon Arzt und Bachkenner Albert Schweitzer. Daher erzögen vollkommene Orgeln die Organisten zur Vollkommenheit. Wir werden es genießen, wenn zu Beginn der Orgelsommersaison der in Leipzig tätige Frank Zimpel mit dem Bach-Hit Toccata und Fuge d-Moll BWV 565 in der Erlöserkirche den Startschuss für ereignisreiche Wochen vollzieht. „Schwerpunkt in diesem Jahr ist, wie könnte es anders sein, Felix Mendelssohn Bartholdy mit seinem gewichtigen Beitrag zur Orgelmusik“, so Matthias Jacob, Organisator und künstlerischer Leiter der renommierten Konzertreihe. Und so werden aus Anlass von dessen 200. Geburtstag nicht nur die sechs Orgelsonaten op. 65 ertönen, sondern auch drei Präludien und Fugen op. 37 sowie kleinere unbekannte Stücke, wie den Kriegsmarsch der Priester aus „Athalia“, den der britische Organist Neil Wright an der Woehl-Orgel spielen wird.
Schade, dass die ausländischen Gäste – unter ihnen der Weißrusse Vladzimir Neudach, die Italienerin aus Österreich, Angela Amodio, und der Brite Tim Rishton – nicht mit landestypischen Programmen aufwarten. Aber Matthias Jacob lässt ihnen bei der Programmgestaltung freie Hand, „so dass die meisten sich quer durch Europa und die Stile spielen“. Ausnahme bildet Henri Ormieres aus dem französischen Carcassonne, der bei seinem Friedenskirchenauftritt mit Stücken überwiegend heimatlicher Tonsetzer aufwartet. Zusammen mit dem Berliner Schlagzeuger Daniel Tummes führt er etwa den „Boléro sur un théme de Charles Raquet“ auf. Garantiert ein Highlight. Erwähnenswert auch, dass zwei Damen auf der Orgelbank Platz nehmen: neben Angela Amodio ist es die Berlinerin Martina Kürschner von St. Marien.
Zwei Konzerte werden in Zusammenarbeit mit den Bachtagen der Nikolaikirche stattfinden. Dass das Programmheft durch neue Typografie und Drucktechnik angenehm ins Auge fällt, ist Andreas Kitschke zu verdanken. Bleibt nun für alle noch dem Wunsch des französischen Komponisten Charles Marie Widor zu entsprechen: „Orgelspielen heißt einen mit dem Schauen der Ewigkeit erfüllten Willen manifestieren. Dieser Wille soll den Hörer überwältigen.“ Peter Buske
www.kulturfeste.de/feste/orgel.html
Peter Buske
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