Kultur: Takte voller Herzblut
Mozart zum Abschied von Edgar Hykel
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Es war wohl ein Herzenswunsch, dass die Singakademie Potsdam zum Abschied von ihrem langjährigen Leiter Edgar Hykel ein reines Mozart-Programm erarbeitet hat. Noch dazu nicht irgendeines, sondern es erklangen nur Werke aus Mozarts letztem Lebensjahr. Zwar widmete sich der mit nur 37 Jahren gestorbene Komponist in seiner letzten Lebenszeit verstärkt der Kirchenmusik, doch zugleich brachte er in seinem letzten Lebensjahr noch die Opern „La Clemenza di Tito“ und die „Zauberflöte“ auf die Bühne. Allerdings erlebte er nicht mehr, dass ausgerechnet der Zauberflöte, die ja nicht mehr für das Hoftheater sondern für die Wiener Vorstadtbühne des Emmanuel Schikaneder komponiert worden war, solch ein weltweiter, bis heute anhaltender Erfolg beschieden war.
Im sehr gut besuchten Nikolaisaal erklangen in der ersten Hälfte Arien aus Mozarts letzter Oper und in der zweiten Hälfte eine letzte Motette sowie das Requiem. Als aufmerksame, spielfreudige Begleiter erwiesen sich die Brandenburger Symphoniker. Erfreulicherweise hatte man für die Arien der drei seriösen Figuren der Märchenoper, Tamino, Pamina und Sarastro, sehr gute Solisten gewonnen. Butterweich begann es: Tenor Peter Diebschlag sang fein artikuliert und edel timbriert die Bildnis-Arie. Es folgte die Arie des Sarastro „in diesen dunklen Hallen“, ein musikalisches Manifest der Versöhnung, eine Hymne der Humanität, die ihresgleichen sucht. Bassist Bernd Hofmann war der passende Mann dafür. Mit voluminös-abgründiger, kultiviert geführter Stimme brachte er auf Anhieb den notwendigen Aplomb für diese Partie mit. Auch Christine Wolff bewies erneut, wie viel sangliche und darstellerische Qualitäten sie besitzt. Quasi aus dem Stand sang sie die tragische Arie der Pamina „Ach, ich fühl’s“ ebenso kristallklar wie überzeugend im Ausdruck.
In der wohltönenden Szene der Pamina mit den drei Knaben, kamen einmal mehr ihre besonderen Gaben zum Vorschein. Die von Harmoniemusik der Flöten, Oboen und Fagotti begleitete Passage fügte sich sehr gut zum Gesang der drei begabten Mädchen aus dem Jugendkammerchor (Maria Kasiske, Saskia Hertwig, Christina Wanke).
Der Gastgeber des Abends, die Singakademie Potsdam, hatte ihren ersten Einsatz beim Priesterchor der Herren, die diesmal erfreulich gut und zahlreich besetzt waren. Mit dem Schlusschor „Die Strahlen der Sonne“ endete die erste Hälfte im Glanz glückseeliger Menschlichkeit. Dass zur hellen Seite eine dunkle Kehrseite gehört, ist eine Binsenweisheit, hier zeigte sie sich nach der Pause. In das dunkle Schattenreich hinein leitete die kurze Motette „Ave verum corpus“, ein kleines expressives Meisterwerk voll melodischer Zwischen- und Halbtöne.
Um Mozarts allerletztes Werk, das „Requiem“, ranken sich eine Vielzahl von Legenden und Mythen. Schon voller Todesahnungen hatte er seiner Frau Konstanze gesagt, er schriebe sein eigenes Requiem. Vollenden konnte er es nicht mehr. So blieb das Requiem Fragment und wurde erst von Mozarts Schüler Xaver Süßmayr fertig gestellt. Die Singakademie Potsdam führte das gesamte Werk auf. Dabei wurden die Unterschiede zwischen Mozarts Original-Kompositionen und den nachträglichen Ergänzungen deutlich. Selbst in der kunstvollen Doppelfuge des „Kyrie“ kommt ein rein mozartischer Tonfall zum Ausdruck kommt. Dieses schwierige Werk wurde vom Chor, hell und agil im Sopran, sonor in den Herrenstimmen, gut artikuliert und wendig intoniert.
Zum Herzstück des Konzerts avancierte schließlich das „Lacrimosa“, Mozarts letzte Takte, die voller Herzblut gesungen und musiziert wurden. Damit legte die Singakademie Potsdam ein eindringliches Statement für sich und, nicht zuletzt, auch für Mozart ab. Begeisterter Applaus belohnte dieses würdige Abschiedskonzert der Singakademie Potsdam für ihren scheidenden Leiter Edgar Hykel. Babette Kaiserkern
Babette Kaiserkern
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