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Kultur: Tändelnd und sentimental

Musikfestspiele: Palladian Ensemble in der Ovidgalerie der Neuen Kammern

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Musikfestspiele: Palladian Ensemble in der Ovidgalerie der Neuen Kammern Das soll Barockmusik sein? Die ersten Takte klingen wie ein wüstes Konglomerat aus Ligeti, Cage, Stockhausen und Rihm. Konfuser, schräger, schroffer und ohrenpeinigender geht''s nimmer. Und doch stammen die Tonballungen, die das Chaos der Schöpfung schildern, vom französischen Komponisten Jean-Fery Rebel (1666-1747), der als achtjähriges Geigenwunder den „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. begeistert, sich allmählich an die Spitze der berühmten „24 Violinisten des Königs“ spielt, schließlich von Ludwig XV. zum Maitre de Musique ernannt wird. Für den tanzbesessenen Hof schreibt er das Ballett-Divertissement „Les Elemens“ (Die Elemente) mit eben jenem Chaos-Prolog, der den Komponisten wahrlich als musikalischen Rebellen seiner Zeit ausweist. In der Ovidgalerie/Neue Kammern fühlen sich diese und andere Klänge hörbar wohl. „Mythos und Magie - Der Traum von der Schwerelosigkeit“ verheißt das Festspiele-Programm, das der tänzerischen Musik am Hofe des Sonnenkönigs huldigt. Das Palladian Ensemble ist dafür der sachkundige Anwalt. Nach dem chaotischen Urknall formt sich die Musik zu sinnvoller Ordnung. Erde und Wasser entstehen. Warm und mit leichtem Vibrato klingt die Geige (Rodolfo Richter) auf, prononciert unterstützt von Theorbe (William Carter) und Gambe (Susanne Heinrich). Das Feuer entpuppt sich als flink züngelndes Duo für Violine und Sopranblockflöte (Pamela Thorby) ohne Continuo-Unterstützung. Den Elementen-Porträts folgen hübsche Tanzsätze bis hin zu einer tändelnden Caprice. Auch in Rebels vielteiliger Ballett-Suite „Les caractères de la danse“ erweisen sich die Palladians als ein virtuos und elegant aufspielendes Ensemble, das den oftmals schärflichen und zirpeligen Klang anderer Alte-Musik-Gruppen bewusst meidet. Sie erzeugen stattdessen einen Klang, der nicht nur verstandesscharfen Geist hat, sondern auch über einen wohlgerundeten Körper verfügt. Angenehm zu hören in der Suite a-Moll von Marin Marais (1656-1728), einer vom Palladian Ensemble aus verschiedenen Quellen selbst zusammengesuchten Satzfolge. Ursprünglich für die Gambe geschrieben, erfreuen sie in der gewählten Besetzung nicht minder. Doch der elegische Stimmungsgehalt und die klangedle Spielweise der Stücke ähneln einander sehr, sodass sich ein leichter Spannungsabfall nicht überhören lässt. Selbst der geradezu ekstatische Mittelteil der Chaconne ändert an diesen Eindrücken kaum etwas. Angekündigt hatten sie sich bereits in der tanzbaren Piece „Le Rossignol en amour et deux musettes“ von Francois Couperin (1668-1733). Der erste Teil „Die Nachtigall und die Liebe“ erweist sich als ein sehnsuchtsvoll gestimmtes Stück für Altblockflöte, die anschließenden zwei Musett-Tanzsätze als ein Duo für Sopranino und Violine, assistiert von Bordunklängen der Gambe und Theorbe. Letztere zeigt sich in ihrem Solo „Les sylvains“ von Couperin ebenfalls verinnerlicht. Zunächst schwerblütig, dann wild auftrumpfend zeigt sich die Variationskette der Maraischen „Folies d''Espagne“ - ein schönes Beispiel für die zwei gegensätzlichen Seiten jenes iberischen Volkstanzes, den Tage zuvor das Ensemble L''Astree in einem Konzert abwechslungsreich vortanzte.Peter Buske

Peter Buske

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