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Kultur: Tango mit Elektrobeats Das Gotan Project gastierte im Nikolaisaal

Dem Bandnamen Gotan Project liegt ein Wortspiel zugrunde. Man könnte den Namen auch als Tango Project lesen.

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Dem Bandnamen Gotan Project liegt ein Wortspiel zugrunde. Man könnte den Namen auch als Tango Project lesen. Und so heißt das dritte Album auch „Tango 3.0“, das wieder den altbekannten und von der Clubszene so geliebten Mix aus klassischem Tango, wie ihn Astor Piazolla komponierte, mit Elektrobeats liefert.

Hört man die neue Platte mit Ruhe und Konzentration, fällt ein leichter, neuer Einschlag auf. Mit „Tango 3.0“ wird der Blick ein weniger weiter und der Ton ein wenig gemäßigter, es klingen plötzlich Trompeten, in „De Hombre A Hombre“ swingt es, „El Mensajero“ bekommt Bass- und Harmonikaunterstützung, in „Panamericana“ versteckt sich etwas Folk und Blues – Kulturen werden miteinander vermischt.

Das Konzert am Freitagabend im Potsdamer Nikolaisaal war bereits lange im Voraus ausverkauft. Auf der Bühne jede Menge Technik, an den vorderen Rand das aus Menschenkörpern gebaute Wort „Tango“ projiziert. Effektvoll dann der Auftritt der Musiker, die langsam und nacheinander auf die Bühne treten oder gangstergleich unter einem Spot am Rande ausharren, der eine schmale, halbdunkle Gasse in Buenos Aires, der Geburtsstadt des Tangos, suggeriert.

Die Sängerin Claudia Pannone, in diesem Jahr erstmals mit Gotan Project auf Tour, lässt Publikum und Musiker erst ein wenig allein, bevor sie von der Seite auf die Bühne tritt und ihre warme, dunkle Stimme hören lässt. Die Band, ganz in Schwarz und in rotes, etwas zwielichtiges Licht getaucht, beginnt mit ein paar altbekannten Stücken ihres Vorgängeralbums „La Revancha del Tango“: Musik mit Tangorhythmus, gemixt mit elektronischer Kühle.

Doch dann kündigt Philippe Cohen Solal, einer der drei Günder des Gotan Projects und an diesem Abend vor allem am Bass und an einem der Mischpulte aktiv, auch neue Songs an. Das überwiegend junge Publikum freut sich über die folgende Mischung aus Videosequenzen, Lichtshow, Dub, Hiphop und vor allem Tango, der immer wieder einen ruhigen Moment bekommt, in dem Facundo Torres am Bandeon, Eduardo Makaroff an der Akkustikgitarre und Ananta Roosens an der Violine eine klassische Tangoszene in einem Tanzlokal inszenieren. Auch das Folkige, Jazzige bricht kurz hervor, doch live auf der Bühne sind Gotan Project dynamischer, verspielter, lassen sich immer wieder am Mischpult aus und untermalen ihre Songs vor allem mit Elektronik und Dub.

Im Laufe des Konzertes gibt es ein reges Ab- und wieder Auftreten, und Sängerin Claudia, anfangs etwas herb in schwarzem Anzug, erscheint plötzlich mit offenem Haar und schwarzem Kleid wieder auf der Bühne. Auch das Publikum wird immer lockerer und schließlich stehen alle und tanzen nach dem treibenden Rhythmus von „Peligro“.

Als Belohnung für soviel Zugänglichkeit gibt es für das Publikum nicht nur ausgelassenes und spontanes Mixen, sondern zum Abschied noch den ganz neuen Song „Immigrante“. Das Stück beginnt mit dem Rauschen des Meeres und erzählt sodann mit viel Melancholie eine Geschichte, vielleicht die Geschichte Argentiniens. Andrea Schneider

Andrea Schneider

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