Kultur: Tanz den Ska
Großer Andrang beim Auftakt des 14. Potsdamer Skafestivals im Lindenpark
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Großer Andrang beim Auftakt des 14. Potsdamer Skafestivals im Lindenpark Die Schuhe werden noch einmal poliert, die Koteletten gestutzt und die Haare geschnitten – das 14. Skafestival im Lindenpark ruft seine Jünger. Was dem Grufti seine schwarze Lederkluft, ist dem Rudeboy Jeans, Hosenträger und kariertes Hemd. Seit rund 50 Jahren versetzt der aus Jamaika stammende „Ska“ seine Fans in ausgelassene Stimmung. Auch am Freitag, dem ersten von zwei Festivaltagen, konnten nationale und internationale Szenegrößen nach Potsdam geholt werden. Während sich der Saal langsam füllt, schlagen Yellow Cap aus Görlitz bereits den charakteristisch zackigen Off-Beat an, der mit knackigen Bläsersätzen sofort ins Bein geht. Nach einer Umbaupause feuern Die Tornados aus Dessau ein Partyset auf das Publikum los. Seit neun Jahren bereisen sie das Land und spielten auch anderswo ihre Mischung aus eigenen Songs und Neuinterpretationen von bekannten Evergreens a là „Tequila“ oder „Will you still love me tomorrow“. Prompt fangen die ersten Leute im buntgemischten Publikum an zu „skanken“. Sie springen, rennen auf der Stelle oder werfen ihre Arme und Beine im Takt der Musik in alle Himmelsrichtungen. Man sollte diese Art des extrovertierten Tanzes jedoch nicht als „pogen“ missverstehen, was bekanntlich auf Punk-Konzerten praktiziert wird. Es geht nicht darum seinen Nebenmann durch den Saal zu schubsen, sondern ein flottes Tänzchen aufs Parkett zu legen. Posaunist, Trompeter und zwei Saxophonisten stehen am Bühnenrand aufgereiht und hämmern ihre Passagen unisono vom Blatt. Sängerin Antje in der Mitte nimmt sich oft zurück, so dass die Bläser eindeutig dominieren. Manchmal doch etwas sehr glatt und poppig. Statt mit Soul und Stakkatosalven, wie es für Ska-Musik typisch ist, zu glänzen, mimt sie oftmals eher unfreiwillig ein Countrygirl. Nur bei einer rasanten Ska-Version des zuckersüßen Oldies „Lollypop“ passt ihre Stimme wie die Faust aufs Auge. Seinen Namen hat der Ska von den Musikern der Band The Skatalites bekommen, die übrigens trotz ihres inzwischen hohen Alters immer noch auf Tour gehen. Die Skatalites fanden, dass der Name Ska genau auf den Rhythmus ihrer Musik passt. Nicht ganz so sehr auf Trompete, Posaune und Saxophon fixiert, aber dafür mit zwei Sängern auf der Bühne, spielen Dr. Calypso aus Spanien ihren Ska etwas melancholischer. Die Sänger Sergi Monileó und Luis Lòpez teilen sich den Tonraum geschickt auf. Ihre spanischen und englischen Texte behandeln auch gesellschaftliche Missstände oder Rassismus. Bei den Liedern bemerkt man die Verständigungsprobleme zwischen Band und Publikum. Kaum jemand versteht die spanischen Einheizversuche. Es wird weniger getanzt, mehr zugeguckt, was den Sängern auf den Magen schlägt. Eine Pappfigur von Mister Spock vom Raumschiff Enterprise wird bei der nächsten Umbaupause vor das Schlagzeug gestellt. Die Bühnendekoration verrät, dass Skatrek aus Darmstadt aufspielen werden. Sie haben sich dem traditionellen Ska der 60er Jahre verschrieben. Sänger John Kannankulam bildet mit Duettpartnerin Mimi Blümler das Herzstück der Band. Er gibt sich gut gelaunt mit Roberto-Blanco-Grinsen und sie betört im Glitzerkleid. Die Melange aus Ska, Reggae und Calypso gefällt dem Publikum gut. Einige Rudeboys mit Pork-Pie-Hut werden vom Tanzfieber gepackt und schnappen sich ihre Rudegirls mit den eigenwilligen Frisuren. Man erwartet jedoch einen alten Herrn, auf eine Ikone des Ska: Roy Ellis. Auf Jamaika aufgewachsen, gehörten Jimmy Cliff und Bob Marley zu seinen Freunden. Mit seiner Band The Pyramids wurde er außerhalb Jamaikas bekannt und Klassiker wie „Skinhead Moonstomp“ oder „Banana“ gehen auf sein Konto. Inzwischen lebt Roy Ellis in der Schweiz. Mit der Band Kalles Kaviar im Rücken, sorgt er für tolle Stimmung. Zum alten Eisen gehört er nicht. Lion“s Club aus Berlin beschließt den Abend. Sie setzen sich zum größtenteils aus einstigen Mitgliedern der Ska-Veteranen The Butlers zusammen, und fordern vom Publikum mit Neuinterpretationen von Film- und Fernsehmusik alles. Schweißnass und todmüde zieht man sich zurück und tankt Kraft für die zweite Runde, in der unter anderen Ken Boothe und Rico Rodriguez aus Jamaika, The Aggrolites aus den USA ihre internationlen Starqualitäten unter Beweis stellen sollen.Patrick Steller
Patrick Steller
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