Kultur: Tanz, gezeichnet
Bei den Potsdamer Tanztagen stehen wieder viele Workshops im Programm
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Ein Bild vom Tanz. Keine Fotografie, kein detailgetreues Abbild eines Menschen oder seiner Bewegung. Nicht zeichnen, was ausschließlich auf der Bühne geschieht, sondern das, was das Gesehene in einem selbst bewegt. Einen Eindruck, ein Gefühl, eine Stimmung aufs Papier bringen, genauso schnell wie sie durch den Tanz im Betrachter ausgelöst wurden.
Das will gelernt sein, sagt Laurent Dubost von der „fabrik Potsdam“, dem internationalen Zentrum für Tanz und Bewegungskunst in der Schiffbauergasse. Im Rahmen der 18. Potsdamer Tanztage vom 14. bis 25 Mai wird, wen es interessiert oder wer es einfach nur versuchen möchte, die Möglichkeit haben, genau das zu lernen: Einen Tanz zu zeichnen.
Insgesamt 17 Workshops, 12 für Erwachsene, fünf für Kinder und Jugendliche, bietet die „fabrik“ während der Tanztage an. So viel, wie kaum ein anderes Festival für den zeitgenössischen Tanz, so Dubost. Neben klassisch Modern, Samba, Swing und Tango auch den Workshop „Tanz zeichnen“ mit der Zeichnerin und Bildhauerin Birgit Cauer. „Wie bewegt sich der Körper, wie verhalten sich Körper zueinander? Was bewirkt die Musik? Was ist das Wesentliche? Wie kann man das Gesehene und Erlebte zeichnerisch auf Papier festhalten?“, das sind nur einige der Fragen, die in dem dreitägigen Kurs beantwortet werden sollen.
Wer zeichnet, sei gewohnt sich oft auf das Detail, auf ein genaues Abbild zu konzentrieren. „Für viele ist es eine neue Erfahrung und gleichzeitig auch Herausforderung, wenn sie beim zeitgenössischen Tanz nicht vordergründig zeichnen sollen, was sie sehen, sondern wie sie die Vorstellung, das Gezeigte erleben“, sagt Laurent Dubost. In dem Workshop „Tanz zeichnen“ soll durch Gespräche, Besuche von Vorstellungen und der Auswertung der dabei entstandenen Arbeiten diese eigenwillige und stark interpretatorische Form geübt und vertieft werden.
Sven Till, künstlerischer Leiter der 18. Potsdamer Tanztage und Mitorganisator der Workshops, spricht bei Kursen wie „Tanz zeichnen“ von genreübergreifenden Angeboten. Es gehöre schon seit Jahren zum Programm, mehr als nur reine Tanzkurse anzubieten. So wird es auch in diesem Jahr wieder Workshops mit der asiatischen Entspannungstechnik Tai Chi geben. „Wobei wir auch hier versuchen, die offensichtliche Verbindung, die Bewegung, zum Tanz herzustellen. So können in zwei Kursen Tai Chi und Pilates mit modernem Tanz verbunden werden. In „Schau-Room/Tanz sehen“ lernen die Teilnehmer, sich als Zuschauer auf den zeitgenössischen Tanz einzulassen.
„Wir erleben oft, dass Zuschauer nach einer Vorstellung sagen, sie hätten nicht verstanden, was auf der Bühne gezeigt wurde“, sagt Laurent Dubost. Das starre Schema vom Unbedingt-Verstehen-Müssen, in dem wir durch unseren Alltag regelrecht gefangen sind, soll durch dieses Angebot aufgebrochen werden. „Es geht nicht immer nur um Verstehen, es geht vor allem darum, sich auf das Geschehen auf der Bühne einzulassen“, so Dubost. Zusammen mit der Theaterwissenschaftlerin Constanze Klementz soll es in Gesprächen um Dramaturgie, Ausdrucks- und Arbeitsformen im zeitgenössischen Tanz gehen, die für ein Sich-Öffnen hilfreich sein können.
„Natürlich haben wir auch die Klassiker im Programm“, sagt Sven Till. Wer einfach nur tanzen, zeitgenössischen oder traditionellen Tanz kennenlernen will, für den gibt es verschiedene Angebote von Samba über Swing bis hin zum Tango. „Nur wenige Workshops setzen Vorkenntnisse voraus“, so Till. Dazu gehört „Krumping/Hip Hop“, der sich an Tänzer ab 14 Jahren richtet. Ein Lehrer aus dem Offizze-Team mit dem Künstlernamen U-Gin will hier die noch relativ neue Tanzform des Krumping, dessen Ursprünge im traditionellen afrikanischen Tanz liegen, mit dem so offensichtlichen Verwandten Hip Hop verstärkt verbinden.
Mit ihrem Kurs gibt sich die Lehrerin und Choreografin Ka Rustler generationsübergreifend, wenn sie Kinder zusammen mit ihren Eltern Tanz erleben lässt.
Ob sich bewegend oder nur beobachtend, in allen Workshops geht es vor allem darum, sich ein eigenes Bild von den vielfältigen Möglichkeiten des Tanzes zu machen.
Weitere Informationen und Anmeldung unter www.fabrikpotsdam.de oder unter Tel.: (0331) 280 03 14
Dirk Becker
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