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Kultur: Tanz und Video Zwei Companien an

einem Abend in der fabrik

Stand:

Wie gut Tanz und Video einander ergänzen können, zeigte sich bei zwei innovativen Jugendtanzprojekten, die in der fabrik im Rahmen der 2. Potsdamer Jugendtanztage aufgeführt wurden. Während der Beitrag aus Eisenhüttenstadt mit dem kuriosen Titel „Der Knoten im Wassertropfen“ die Grenzen zwischen bildnerischer Repräsentation und unmittelbarer Präsentation spielerisch verwischte, setzte die Potsdamer Offizze-Company Oxymoron auf die Ästhetik des Videoclips und auf tänzerische Perfektion. Beide Companien erhielten lautstarken Applaus. Einziger Wermutstropfen des Abends waren die langen Wartezeiten: Es begann mit einer Verspätung von 20 Minuten, die Pause dauerte gar eine Dreiviertelstunde – und das bei kleinen Tanzstücken von 20 bzw. 40 Minuten Dauer.

Bilder auf einer durchsichtigen Leinwand zeigen Schienen, Brücken, Straßen, Schließfächer, Müllcontainer auch eine Flusslandschaft – mehr oder weniger öde Alltagsorte. Doch finden mitten in ihnen erstaunliche Verwandlungen statt. Container und Schließfächer öffnen sich und zeigen die jungen Mitspieler, auf Brücken und Plätzen stehen und sitzen längliche, schwarz verhüllte Figurinen. Mal wiegen sie auf und nieder wie tropische Blätter, mal hüpfen und springen sie wie kleine Einhörner. Nicht nur die projizierten Bilder befinden sich in konstanter Bewegung, sondern auch das Geschehen hinter und vor der transparenten Bildfläche. Mit kleinen Tanz-Szenen (Künstlerische Leitung, Choreographie: Be van Vark) duplizieren, komplettieren und kontrastieren die Tänzer – zwölf Mädchen und nur ein Junge – die filmischen Vorbilder. Alltagsrequisiten wie Bett, Bänke oder Tisch werden tänzerisch minimalistisch bespielt – ein poetisch-experimenteller Bilderbogen, der die scheinbaren Grenzen zwischen virtueller und materieller Welt mit beweglicher Leichtigkeit überwindet.

Die Potsdamer Tanztruppe Oxymoron präsentierte mit „Einsturzgefahr“ ein abwechslungsreiches Tanzstück, das – wie in vielen Videoclips zu sehen – moderne Tanzstile aus Modern Dance, Show Tanz, Break Dance, Tango, Salsa frei vermischt. Diesmal bilden die Videos den beweglichen Hintergrund zum tänzerischen Geschehen. Da schwimmen auch mal junge Mädchen im Wassertank – als wär''s fürs Endspiel bei Heidi Klum. Drei kräftige junge Männer (Andy Arndt, Robert Segner, Timo Draheim) und zwei junge Damen (Joy Alpuerto, Agnes Wrazidlo) formen unter der choreographischen Regie von Anja Kozik den Reigen der zahlreichen Partner-Variationen, die freundlich, feindlich oder auch fast zärtlich sein können. Zu vibrationsreicher lauter Stadt-Dschungel-Musik (Christoph Kozik, Sebastian Seidemann), darunter auch Astor Piazzolla, sieht man beeindruckende tänzerische Leistungen. Besonders die Männer begeistern mit ausgefeilten Break-Dance-Einlagen – Chapeau, Messieurs. Dass einmal Klaus Kinskis Exzentriker-Stimme dazwischentönt, stört kaum, aber dass die Worte der jungen Tänzerin kurz vor Schluss kaum zu verstehen sind, ist schade. Oder doch nicht? Schließlich ist ihre Domäne der Tanz und der soll eigentlich ohne Worte funktionieren. Das tut er auch in dem Stück der begabten Tänzer von der Offizze- Company was sie zeigen, wirkt wie Videoclips in Echtzeit. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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