Kultur: Tanzwut
Mutabor brachten den Lindenpark zum Kochen / „Verzauberung durch Musik“
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Mutabor brachten den Lindenpark zum Kochen / „Verzauberung durch Musik“ Lange ließen sie am Freitagabend auf sich warten. Um neun Uhr sollte der Abend beginnen, letztendlich betraten Mutabor die Bühne um halb elf. Doch was dann geschah, ließ die Warterei schnell vergessen, denn es folgte ein Abend voll harmonisch-treibender Musik, einer Band die ihr Publikum zu kennen schien und einem Phänomen, was man mit Tanzwut beschreiben könnte. Schon nach den ersten Akkorden bewegte sich eine schon sichtlich bewegte Fangemeinde zu den treibenden Rhythmen der „von der Musik Verzauberten“, wie Mutabor ihren Namen erklären. Angefangen haben sie mit nur mit zwei Mann, dem jetzigen Sänger Alex Steinhagen und dem Gitarristen Tilmann Walter. Damals, 1991, trafen sie sich bei Alex zu Hause in Wismar um so genannte „Musiktherapien“ abzuhalten, wie Sänger Alex die Proben bezeichnete. Mit der Zeit und wechselnder Besetzung erspielten sich die Musiker eine stetig wachsende Fangemeinde und gaben sich dann 1992 den Namen Mutabor. Dieser Name spiegelt, wie sie sagen, eben genau das wieder, was wohl auch die Fans im Lindenpark zu spüren bekamen. Eine Verzauberung durch Musik, eben Tanzwut. Anders lassen sich die verschwitzten Massen wohl auch nicht erklären, die des Tanzens nicht müde wurden und auch bei der zweiten Zugabe immer noch wild umher sprangen. Dabei schien es, als würden Mutabor genau wissen, was ihre Fans in Rage bringt. Mit Titeln wie „Revolutio“ und „Abgestandenes Bier“ sorgten sie dafür, dass immer genug Stimmung in den Reihen der Fans herrschte. Die Titel sind zum Teil Hoffnung, Wunsch aber auch Provokation und stellen eigentlich alle einen Anspruch an die Welt dar, Liebe und Freiheit den Respekt zu zollen, der ihnen gebührt. Dabei brechen sie Tabus und singen über Dinge, die das absolute, freiheitliche Lebensgefühl widerspiegeln sollen. So erzählen sie zum Beispiel in „Amsterdam“ von dem Wunsch, in der gleichnamigen Stadt einmal wieder nach „schwarzem, grünem, weißem“ Haschisch die „Seelen zu entblößen“. Doch Drogen alleine scheinen ihnen nicht der Weg zur Freiheit zu sein, und so fragen sie in „Revolutio“: „So kann es doch nicht weitergehen?“ Gemeint ist die Zukunft des Kapitalismus. Auch musikalisch schaffen es die Fünf, sich über genormte Stile hinwegzusetzen und so mischt sich Rock, Ska, Reggae und Punk in einer Art und Weise, die nicht nur angenehm zu hören ist, sondern auch das Tanzbein in Bewegung bringt. Ihr musikalisches Können zeigen sie in vielen kleinen Soli, die nicht im Vordergrund stehen sollen und doch beweisen, dass Tanzmusik nicht anspruchslos sein muss. Vielmehr stellt sich ihr die schwierige Aufgabe, Stimmung, gute Laune und die Tanzwut anzuregen. Darüber hinaus wollen Mutabor noch ihre Botschaften weitergeben. Nach vier Alben darf man nun gespannt sein, was das nächste mit Namen „Individuum“ bringt, das am 28. April präsentiert werden soll. Bei ihrem Potsdamer Auftritt haben Mutabor ihre Aufgabe auf jeden Fall hervorragend erfüllt. Denn wenn auf einem Konzert das Publikum mit auf der Bühne tanzt und minütlich Fans ins Publikum springen, scheint die Laune doch ausgelassen zu sein. So ausgelassen, dass es mehrerer von der Bühne gegossener Liter Wasser benötigte, um die Fans ein wenig abzukühlen. Philipp Rothmann
Philipp Rothmann
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