Kultur: Tenorale Trinité: German Tenors im Nikolaisaal
Was ein Pianist sei? Kalauernd folgt die Antwort: „Einer der kann, was er spielt.
Stand:
Was ein Pianist sei? Kalauernd folgt die Antwort: „Einer der kann, was er spielt.“ Und ein Begleiter? „Spielt, was er kann.“ Manfred Maurer ist und kann beides. Seit 15 Jahren ist er den German Tenors nicht nur ständiger Pianist und klavierspielender Begleiter, sondern Mitgestalter des abwechslungsreichen Programms „Sterne des Südens“, einem Mix aus bekannten Opernarien, Operettenliedern und italienischen Canzonen, das die drei Ritter vom Hohen C am Dienstag im überschaubar besetzten Nikolaisaal darboten. Ohne Mikrofonverstärkung prunken sie allein mit ihren perfekt beherrschten Stimmbändern und sicher gesetzten Spitzentönen. Doch zunächst begibt sich der Begleitpianist gemessenen Schritts zu seinem Steinway-Arbeitsgerät, lässt das Vorspiel zum „Granada“-Hit locker perlen. Dann erscheinen die drei Tenöre, öffnen ihre „Schleusentore“, wobei ein jeder von ihnen einen Liedabschnitt schmettert. Wie bei ihren Vorbildern Pavarotti & Co.
Deren unterschiedliche und unverwechselbare Stimmfarben scheinen gleichsam eine Wiedergeburt zu erfahren. Doch wer ist wer? Weder ein Programmheft oder Beipackzettel, was es beides nicht gibt, noch der Sänger Moderation enthüllen das Geheimnis. Selbst im finalen „Abspann“ wird es nicht gelüftet. Hiermit sei es nachgereicht. Johannes Groß, der große Blonde, erinnert mit seinem strahlenden und samtigen, sozusagen rotweinsüffigen Tenor an Placido Domingo, auch wenn er sich indirekt eher Luciano Pavarotti zu seinem Vorbild erwählt zu haben scheint. Hohe C’s sind auch für den mit Wonneglanz und stählerner Strahlkraft auftrumpfenden Christian „Pavarotti“ Pauls keine Hürde. Selbst physiognomisch bis hin zum Bartschnitt gibt es auf den ersten Blick gewisse Übereinstimmungen. Körperlich natürlich nicht. Und als Carreras-Double ist der Chilene Luis del Rio als lyrischer, leicht klingender und nicht ganz so stimmvoluminöser Teilhaber der tenoralen Trinité ausgemacht. Schade nur, dass alle Drei ein wenig erkältet scheinen.
In der Puccinischen „Turandot“-Aufforderung „Nessun dorma“ durch Johannes Groß hört man die von ihm selbst angesagte leichte Indisposition nicht. Seine Stentorstimme und Gesangstechnik meistert solches Handicap. Bei Alfreds Arie „De miei bollenti spiriti“ aus Verdis „La Traviata“, ein wenig zurückhaltend angestimmt von Luis del Rio, gelingt das Tarnen bisweilen weniger gut. Dafür widmet er sich, der ein Tenore di grazia ist, ganz den leisen, innigen Tönen. Wie beispielsweise den „Idealen“ von Tosti. Und Christian Polus? Er kaschiert seine katarrhischen Beschwernisse durch passende Arienauswahl. Beispielsweise einer lyrisch-dramatischen Liebeserklärung aus der Zarzuela „La Tabernera del Puerto“, der Blumenarie aus Bizets „Carmen“.
Das alles spult sich nach gleichem Ritus ab: Auftritt, Gesang, Beifall, Abgang – der Nächste bitte. Dazwischen wird Manfred Maurer seinem pianistischen Auftrag gerecht. Er überbrückt die sängerischen Pausen durch Zwischenspiele – und spielt die pure Poesie! So richtig tolle Stimmung kommt erst auf, wenn die drei auch a trois in Erscheinung treten. Es geschieht nicht eben häufig. Tostis „Marechiare“ gehört dazu, auch das „Ay, ay, ay“-Liebeslied oder das mit Spielwitz vorgetragene „Tiritomba“. Nachdem das Publikum der Aufforderung zum Mitsingen bei der Arie des Herzogs aus Verdis „Rigoletto“ zur Zufriedenheit der Sänger nachgekommen ist, kennt es auch bei der Zugabe, einem Potpourri aus Operettenschlagern, keine Zurückhaltung. Peter Buske
Peter Buske
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: