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Kultur: Theaterbilder

Helmut Biedermann im Galerie-Café Matschke

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Das Galerie-Café Matschke ist eine kleine verwunschene Oase, in der es Knödel und Gulasch, Wein und Pelmeni gibt, und regelmäßig auch Ausstellungen, die, wie es sich gehört, mit Vernissagen beginnen. So war das auch, als die „Theaterbilder“ von Helmut Biedermann (bis 7.10.) dem Publikum präsentiert wurden. Und da der Künstler, der zwar in seiner Schülerzeit schon Literaturpreise erhielt, erst seit ein paar Jahren wieder schreibt, präsentierte er auch eigene Gedichte. „Wie nebel / manchmal / die gedanken / sind / brechen auf/ in schwaden ...“ lauten die Eingangszeilen und geben einen charakteristischen Eindruck der durch Bilder gespeisten Gedankenwelt des Malers. Sein Band „Über das Sein“ ist ein sorgfältig gestaltetes Künstlerbuch, das er natürlich – Kunst verpflichtet – auch selbst illustriert hat.

Helmut Biedermann ist vielen Potsdamern als „einer der Biedermänner“ bekannt, denn er hat einen Zwillingsbruder, Hans-Joachim, der ebenfalls Künstler ist. Beide hatten in den siebziger und achtziger Jahren ein Atelier in der Mittelstraße, das aber, nachdem sie wegen „Widerstands gegen die Staatsgewalt“ in dreimonatige U-Haft genommen worden waren, nicht mehr bewohnbar war, als sie zurückkehrten. Was dann, auch wegen der plötzlich ausbleibenden Aufträge für die beiden Künstler das Ende von Helmut Biedermanns Potsdamer Zeit bedeutete. In Dresden hat er Kunst studiert, aber auch schon zu dieser Zeit galt eine seiner Leidenschaften dem Theater.

Wie die Bretter, die die Welt bedeuten, ein Leben prägen können, ist den Bildern, die jetzt im Galerie-Café Matschke hängen, zu entnehmen. Thematisch beziehen sich alle Gouachen, Kreide-Aquarellarbeiten und Skizzen auf die darstellende Kunst und ihr Drumherum. Der Siebdruck „Gaukler“ aus dem Jahr 1987 lässt die Bewegungen der Artisten vor dem Blick bewundernswert zauberhaft zerfallen und sie dennoch als komplette Menschen wahrnehmen. Die meisten Arbeiten stammen aus den letzten drei Jahren. „In der Theaterkantine“ wird über Gott, die Welt und das Leben debattiert, bis der Morgen dämmert und beim „Konzeptionsgespräch“ ganz ernsthaft gearbeitet. Mit wenigen Strichen und kräftigen Farben entsteht dieses Universum, das so viel Faszination auszulösen vermag, klar und differenziert.

Dass Helmut Biedermann in seiner langjährigen Arbeit als Malsaalleiter und Bühnenbildner am Theater in Magdeburg auch ganz praktisch für die Inszenierungen gearbeitet hat, ist dem großformatigen „Bühnenbildentwurf“ deutlich anzusehen: Skizzenartig sind die Striche wie bei einer Modezeichnung hin geworfen, nur dass es sich nicht um Kleidung, sondern um die Ausstattung der Bühne handelt. Da erwartet rechts im Bild die Treppe den Auftritt der Mimen, und die Kulissen wollen geschoben werden, dennoch hat diese Momentaufnahme etwas Bleibendes. Die „Mimen“ sind mit sinnlichen Farben ganz nah ins Bild gerückt. Die Gesamtheit von Theater als Raum, mit Menschen, Vorhängen und Kulissen steht im Zentrum des Interesses von Helmut Biedermann, doch er beschäftigt sich auch mit den kleinen Besonderheiten, die ein solches Haus bietet: Die „Theaterkatze“ scheint irgendwie mit zum Interieur zu gehören, wie sie da so stolz ihren Schweif in die Höhe hält, als sei sie der Intendant. Und der „Theatermüll“ zeigt, was nach, vor oder während der Aufführung als halbwegs geordnetes Chaos die Fantasie aller Beteiligten beflügeln kann. Graphisch sind die meisten der Bilder, mit schnellem Strich vorgezeichnet, die Kreidestriche bleiben sichtbar, das Aquarell wirft eine Buntheit darüber, die immer irgendwie das Vergängliche des schnellen Inszenierens, Erlebens und Vergehens eines Stückes mit thematisiert.

Aber, auch wenn der „Radartist“ umzufallen droht, so gibt es für ihn die Stuhllehne, auf der er sich abstützen kann, und für den Künstler die nie endende Fantasiequelle der Bretter, die – zumindest zeitweise – die Welt bedeuten können.

Lore Bardens

Lore Bardens

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