
© dpa
Heinz Strunk im Interview: „Tief im Osten wird es schwierig“
Der Komiker, Musiker und Autor Heinz Strunk tritt am 14. Februar in Potsdam auf. Im Interview spricht er vorab über seine Liebe zu Potsdam und den neuen Andreas Dresen-Film.
Stand:
Herr Strunk, Sie treten am Samstag im Waschhaus auf. Potsdam kennen Sie ja bereits.
Absolut richtig. Deswegen habe ich mir auch eine Wohnung in der Stiftstraße zugelegt.
Wie, Sie haben eine Wohnung in Potsdam?
Ich wohne dort nicht, aber ich bin froh, dass ich die habe. Potsdam ist eine sehr schöne Stadt.
Sind Sie denn wenigstens ab und zu in Potsdam?
Nur gelegentlich, ich kenne da nur sehr wenige Leute. Aber die Stadt ist ja wirklich ein Traum und einmalig. So was gibt es in Deutschland nicht noch mal.
Sie haben ja auch mal in Potsdam gearbeitet, bei Radio Fritz.
Ja, das war 2001. Ich hatte ziemlich genau ein Jahr lang die Jürgen-Dose-Show.
Das war Ihr Format bei Radio Fritz. Kommt Ihre Potsdam-Leidenschaft daher?
Nö, die kommt daher, dass ich mir dort die Wohnung gekauft und die Gegend angeguckt habe. Ich bin ja auch schon zweimal in Potsdam aufgetreten, damals im Waschhaus, das war echt schlecht besucht. Das war wohl auch der Grund, weshalb ich nicht wieder eingeladen wurde.
Jetzt aber schon.
Ja, und das ist umso erfreulicher, weil die Veranstaltung vom Saal in die größere Arena verlegt worden ist.
Dort treten Sie mit dem Programm „Das Heinz-Strunk-Prinzip“ auf, das waren ursprünglich Beiträge für das Satiremagazin „Titanic“, jetzt haben Sie auch ein Buch unter dem Titel veröffentlicht.
Das Buch spielt aber für den Auftritt eher eine untergeordnete Rolle, ich habe nämlich auch eine Platte herausgebracht. Das Ganze ist also nicht nur eine Lesung, sondern eine Show.
Das Buch ist ja ein Ratgeber für mehr Erfolg. Sie wollen schon das Publikum belehren?
Da wird was kommen, ja. Die Leute, die etwas lernen wollen, dürfen auch etwas lernen.
Sie sind sehr umtriebig, schreiben Bücher, machen Musik, drehen Filme – und dann auch noch Politik. Zusammen mit Rocko Schamoni haben Sie 2008 sogar für die PARTEI in Hamburg für das Amt des Ersten Bürgermeisters kandidiert.
Das mache ich nicht mehr. Das war aus politischer Sicht enttäuschend.
Warum, Sie haben doch damals mit 0,75 Prozent das beste Ergebnis in der Geschichte der PARTEI gehabt.
Die haben mich aber nicht noch mal gefragt. Ich würde ja durchaus noch mal eine schöne Rede halten, aber ich kann mich ja nicht aufdrängen und sagen: Hey, Leute, wie sieht's aus? Wollt ihr nicht noch mal was machen mit mir? Entweder die kommen von sich aus oder eben nicht.
So ein bisschen warten Sie aber schon drauf.
Ich reiße mich wirklich nicht darum, ich habe so unfassbar viel zu tun. Ich kriege ja auch kein Geld dafür. Und so eine Rede schreibt sich auch nicht von allein. Aber ich wäre zu Gesprächen bereit, wie man so schön sagt.
In Potsdam gibt es übrigens auch einen Ableger der PARTEI. Wenn Sie schon eine Wohnung hier haben, vielleicht können Sie ja eine politische Karriere hier starten.
Ich glaube nicht.
Norddeutsche wie Sie haben ja den Ruf, etwas spröde zu sein, und Sie pflegen diesen Ruf. Funktioniert Ihr Charme überhaupt in unserer preußischen Garnisonsstadt?
In der Regel ist es so: Wenn es ganz weit in den Osten geht, wird es schwierig, und im Süden auch. Das merke ich an den Besucherzahlen. Aber die Leute, die zu mir kommen, wissen ja, was sie erwartet. Es gibt in jeder Stadt ein kleines Grüppchen von Sympathisanten, die den Weg zu mir finden.
Liegt es vielleicht daran, dass die Menschen im tiefsten Osten Sie zu ernst nehmen?
Ich sag mal so: Da ist ja auch eine gewisse intellektuelle Leistung erforderlich, um das überhaupt aufzuschlüsseln. Ich habe mal eine ganz interessante Erfahrung gemacht mit „Studio Braun“, meiner Nummer mit den Telefonstreichen vor etwa zehn Jahren. Ich bin extra nach Halle gefahren, weil mich der Chef von MDR Sputnik sprechen wollte. Der meinte, der Osten sei jetzt reif für „Studio Braun“ und er wolle das ganz groß aufziehen. Dann haben die das testen lassen – und es hat keiner begriffen, dass es sich dabei um Humor handelt.
Humor ist eben relativ.
Ja, zum einen gibt es den Witz, wie jetzt in der Karnevalszeit, für den muss man nicht intelligent sein. Aber wo es anfängt mit Ironie, also das, was ich mache, da muss man schon ein gewisses Rüstzeug und Intelligenz mitbringen. Das ist auch der Grund, warum Kinder keine Ironie verstehen. Das ist bis zu einem bestimmten Alter gar nicht greifbar für sie.
Wenn sich Ironieverständnis erst mit einem gewissen Alter entwickelt, ist Ihr Publikum dann auch älter?
Nein, zum Glück nicht. In der Regel ist das Publikum jung, gut gekleidet, akademisch vorgebildet und ganz cool. Ein besseres Publikum kann man sich eigentlich gar nicht wünschen.
Gerade waren Sie auf der Berlinale unterwegs und haben sich dort zwei Filme für radioeins angesehen, darunter „Als wir träumten“ vom Potsdamer Regisseur Andreas Dresen. Den konnten wir Potsdamer bisher noch nicht sehen. Geben Sie doch mal ein kurzes Feedback!
Andreas Dresen ist ein ganz liebenswerter, feiner Mann. Was im Film sehr genau funktioniert hat, ist die Schilderung der verbrannten Erde nach dem Zusammenbruch der DDR und die Stimmung nach 40 Jahren Linksfaschismus – ich benutze diesen Begriff ganz bewusst, weil die DDR für mich ein faschistischer Staat war. Aber mich interessiert eher die Dramaturgie. Und da ist nur eine lose Aneinanderreihung von Episoden in einer Clique von heranwachsenden jungen Männern. Es gab Verfolgungsjagden, viel explizite Gewalt, fünfmal gab es den Technoclub zu sehen.
Das war Ihnen ein bisschen zu viel?
Ja. Und die Hauptdarstellerin, dieses junge Mädchen, blieb etwas blass, indifferent und klischeebeladen.
Der Film hat Sie also nicht überzeugt?
Nicht gänzlich. Ein guter Film ist es schon, aber kein Meisterwerk.
Herr Strunk, Danke für das Gespräch.
Das Gespräch führte Oliver Dietrich
Zur Person: Heinz Strunk, am 17. Mai 1962 in Hamburg geboren, heißt eigentlich Mathias Halfpape. Manchen dürfte er auch als Jürgen Dose bekannt sein. Zu seinen größten Erfolgen zählen sein Roman „Fleisch ist mein Gemüse“ sowie der Film „Fractus“, eine Satire auf das Musikbusiness. Heinz Strunk ist außerdem Gründungsmitglied des Humoristentrios „Studio Braun“, moderierte von 2003 bis 2004 die Viva-Sendung „Fleischmann TV“ sowie die „Jürgen-Dose-Show“ auf Radio Fritz. Seit März 2012 veröffentlicht Heinz Strunk im Satiremagazin „Titanic“ seine Kolumne „Das Strunk-Prinzip“. alm
Heinz Strunk tritt am Samstag, dem 14. Februar, in der Arena des Waschhaus, Schiffbauergasse, auf. Die Veranstaltung beginnt um 20 Uhr.
Oliver Dietrich
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: