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Kultur: Traumpaar der Romantik

Robert und Clara Schumann in Worten und Tönen

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Robert und Clara Schumann haben nicht bloß musikalische Schätze hinterlassen, sondern auch zahlreiche Briefe und Tagebücher, in denen ebenfalls ein hoher, schwärmerischer und liebevoller Ton überwiegt. Doch zwischen den Zeilen erfährt man einiges von ihren Problemen. Was liegt näher, als die Musik der beiden mit den fast täglichen Aufzeichnungen ihres Denkens und Fühlens zu kombinieren, mögen sich Ragna Schirmer und Dominique Horwitz gedacht haben. Die gefeierte junge Pianistin und der bekannte Schauspieler präsentierten im Nikolaisaal eine viel beklatschte musikalisch-theatralische Hommage an das Traumpaar der Romantik, in dessen Alltag es gar nicht immer so traumhaft zuging.

Dominique Horwitz gibt Robert Schumann mit Gehrock, schwarzer Schleife und prononcierter Sprache zwischen Schwärmerei und Melancholie. Ragna Schirmer, im stilechten, schulterfreien Biedermeierkleid am Flügel sitzend, spricht weit mehr durch die Musik als durch Worte.

Nach fünfjähriger, zuerst heimlicher Verlobungszeit heiratete der dreißigjährige Robert Schumann die einundzwanzigjährige Clara Wieck, Tochter seines Klavierlehrers. In rascher Folge brachte Clara, die mit 19 Jahren zur k.u.k. Kammervirtuosin ernannt worden war, acht Kinder auf die Welt. Zugleich konzertierte sie immer wieder und trug so nicht unwesentlich zum Einkommen der wachsenden Familie bei, auch wenn Robert das nicht so gerne sah. Er gab sich patriarchalisch und schrieb „Ich habe dich die Liebe gelehrt, du warst meine talentierteste Schülerin, du mein kerndeutsches, schlankes Mädchen“. Bemerkungen wie diese lösen beim Publikum im Nikolaisaal Belustigung aus. Doch die Seelenergüsse, die emphatischen Zeichen des inneren Aufruhrs und der Sehnsucht wirken noch heute ergreifend, obwohl oder vielleicht weil solch ein hochgespannter Ton kaum mehr in Gebrauch ist.

In der Musik dagegen, speziell in den Klavierstücken Roberts und den immer noch unterschätzten von Clara, lassen sich die Intimität der Texte, die Stimmungsschwankungen und Gefühlsstürme bis heute nachempfinden. Anders als die Worte hat die Musik viel von ihrer Wirksamkeit bewahrt, vor allem, wenn sie so unmittelbar ansprechend gespielt wird wie von Ragna Schirmer. Die Pianistin trug neben Kompositionen aus Robert Schumanns Zyklen der „Symphonischen Etüden“ op.13, „Papillons“ op. 2 und „Waldszenen“ op. 82 einige der ziemlich unbekannten „Beethoven-Etüden“ vor, die von ihr kürzlich auf CD eingespielt wurden. Ferner erklingen Variationen von Clara Schumann sowie eine brillante Etüde von Fréderic Chopin. Bei der Einordnung der Stücke wurden die Zuhörer sich selbst überlassen, denn das Programmheft gab dazu keinen Aufschluss. Was schade ist, gerade, wenn man das eine oder Stück gerne noch einmal für sich gehört hätte. Ragna Schirmer erweist sich als Pianistin höchsten Ranges, spielt mit weichem Anschlag, weiß Motive und Melodien ungeheuer plastisch zu phrasieren, meistert größte technische Herausforderungen scheinbar mühelos und erliegt niemals rein virtuosem Funkeln. Mit viel Emphase übersetzt sie die Texte in die Sprache der Musik – selbst der dort weitgehend fehlende Humor kommt bei ihr zum Vorschein, etwa wenn sie Clara flink über die Tasten hopsen und springen lässt oder Roberts Groll mit düster grummelnden Bassakzenten „malt“. So entstanden bezaubernde musikalische Charakterstücke, manchmal nur als Fragment, die allerdings von Texten eingegrenzt, manchmal sogar übertönt wurden. Viel Applaus für die Künstler. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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