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Kultur: Treibstoff
Samavayo kommen ins Waschhaus
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Zuerst einmal diese Stimme. Das ist wirklich eine Überraschung für den, der zum ersten Mal mit Samavayo zu tun bekommt. Den vier Krawallbrüdern aus Berlin mangelt es nicht an Selbstbewusstsein, was ihr musikalisches Rahmenprogramm zwischen Pop und Metal betrifft. Denn bevor die landesweite Journaille mit ihrer Schubladenmanie daherkommt und Samavayo in irgendein Fach presst, haben sie ihr eigenes musikalisches Genre kreiert. „Fuel“ haben sie das schlicht und ergreifend genannt. Von Treibstoff ist hier also die Rede. Doch bevor das große Grübeln losgeht, gibt es auch noch gleich die entsprechende Definition dazu. „Fuel is to Berlin, what Grunge was to Seattle“, steht auf der Homepage von Samavayo.
„One Million Things“ heißt das aktuelle Album von Samavayo, das die vier Berliner am 3. September im Waschhaus dem Potsdamer Publikum vorstellen wollen. Der Start mit dem ersten Titel „Go“ ist schon mal nicht schlecht. Ein E-Gitarrendonnerwetter zerrt da fröhlich los. Aber wenn Behrang Alavi schon nach wenigen Sekunden zu singen anfängt, stockt einem doch der Atem. Was soll dieses weinerliche Gegreine, ist der erste Gedanke. Gut, Grunge-Heroen wie Chris Cornell von Soundgarden und der selige Layne Staley von Alice in Chains konnten herrlich in den höchsten Tönen kreischen, dass selbst mancher Kastrat vor Schreck blass geworden wäre. Aber was soll diese gesangliche Lieblichkeit, die Samavayo da zelebrieren? Das soll „Fuel“ sein? Dann wohl eher für einen Hühnerschreck, aber nicht für die wirklich schweren Maschinen.
Zum Glück währt dieser Schock nur kurz. Denn Samavayo pflegen zwar die Melodie in ihren Liedern, aber vom befürchteten Weichspül-Metal kann spätestens bei „Can’t break me“, dem dritten Titel auf „One Million Things“, nicht mehr die Rede sein. Die Mischung ihres Treibstoffs ist stimmig. Genügend Feuer, um die Maschine nicht nur am Laufen zu halten, sondern gelegentlich auch in zackiger Geschwindigkeit nach vorn zu treiben. Und wenn dann „Rollin’“ losprescht, reibt man sich doch mehrmals die Ohren. Denn hier huldigen Samavayo ganz frech und fröhlich und frisch Kyuss, den wahren Göttern des Stonerrock. Das ist dann der Punkt, an dem es für den Samavayo-Neuling „Klick“ macht und er kräftig am Lautstärkeregler dreht. Wen interessiert es da schon, ob der Nachbar tobt. Dem könnte eine kräftige Ladung „Fuel“ sowieso nicht schaden.
So geht es dann weiter mit der unüberhörbaren Verneigung vor den musikalischen Helden von Samavayo, wenn am Anfang von „Control“ die Red Hot Chili Peppers und bei „Monsters“ allzu deutlich die grandiose Roheit von Metallicas „St. Anger“ zitiert werden. Bei all der Genussgarantie, die Samavayo trotz allem mit „One Million Things“ liefern, muss aber eines klargestellt werden. „Fuel“ mag für Berlin eine ernsthafte Kategorie sein. Doch der Grunge bleibt einfach eine unschlagbare Größe. Dirk Becker
Samavayo spielen am Freitag, dem 3. September, ab 21 Uhr, im Waschhaus in der Schiffbauergasse. Der Eintritt kostet im Vorverkauf 8, an der Abendkasse 10 Euro
Dirk Becker
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