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Kultur: Trennscharfe und affektvolle Choräle Weihnachtsoratorium in der Erlöserkirche

Und es begab es sich in der Adventszeit des Jahres 1734, dass der Leipziger Thomaskantor Johann Sebastian Bach sechs Kantaten für die Weihnachtstage und die ersten Sonntage im Januar komponierte. Für die Arbeit hatte er viel Ruhe, da damals an den Adventssonntagen keine Musik erklingen durfte.

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Und es begab es sich in der Adventszeit des Jahres 1734, dass der Leipziger Thomaskantor Johann Sebastian Bach sechs Kantaten für die Weihnachtstage und die ersten Sonntage im Januar komponierte. Für die Arbeit hatte er viel Ruhe, da damals an den Adventssonntagen keine Musik erklingen durfte. Dass Bach für die Chöre und Arien Huldigungsmusiken verwendete, die er für den sächsischen Königshof geschrieben hatte, gehörte zu den damals üblichen „Parodieverfahren“. Heute sind Adventssonntage ohne Musik kaum noch vorstellbar und das Weihnachtsoratorium wird üblicherweise schon vor dem Fest aufgeführt. Auch die zweimalige Aufführung der ersten drei Kantaten des Oratoriums durch die Potsdamer Kantorei und das Neue Kammerorchester unter der Leitung von Ud Joffe zog sehr viele Zuhörer in die Erlöserkirche Potsdam. Im Zentrum stand der Chor, die Potsdamer Kantorei, dessen Leistung selbst die der guten Solisten überschattete. Mit transparenter, schlichter Reinheit erklingen die Choräle, präzis artikuliert, mit deutlich voneinander abgesetzten Stimmen die Chöre. Trennscharf trotz hohem Tempo, affektvoll bewegt gibt der Chor dem „Ehre sei Gott in der Höhe“ mit seinen vielschichtigen, auch dissonanten Harmonien klare, einprägsame Gestalt. Inbrünstig und empfindsam erklingt das „Lasset uns nun gehen.“ Das Neue Kammerorchester beweist mit subtilem Spiel erneut seinen Rang. Von seinem Gründer und Leiter Ud Joffe wird es – wie auch der Chor – immer wieder zu Höchstleistungen animiert. In der „Sinfonia“ fallen die markant akzentuierten, abwechslungsreich intonierten Instrumentengruppen der Streicher und der Holzbläser auf. Nach einer energischen, intensiven Finalsteigerung folgt ein betont milder Schluss. Unter den Solisten sticht die Altistin Regina Jacobi hervor, die ihre tragende Partie mit drei großen Solo-Arien geläufig, klangschön, mit edlem Stimmglanz singt. Mit wesentlich kürzeren Einsätzen ausgestattet ist die Partie der Sopranistin. Doch die junge Mojca Erdmann von der Komischen Oper Berlin wusste stimmlich und optisch zu überzeugen. Als anmutiges, stärkendes Parlando vieler Stimmen über ein Thema erscheint das ausgedehnte Duett „Herr, dein Mitleid“ von Sopran und Bass. Der Bassist Jörg Gottschick und die Bläser mit eifrigem, zierlichen Sprudeln kurz gehaltener Töne tragen ihren Teil zur lebendigen Gestaltung des Duetts bei. Weniger überzeugte der junge Tenor Thomas Ebenstein. Zunächst intonationsunsicher, vielleicht vor Aufregung, war er den Anforderungen der Arie „Frohe Hirten, eilt“ leider gar nicht gewachsen und sang teilweise schülerhaft. Insgesamt war es eine lobenswerte Aufführung, vor allem durch den engagierten Einsatz des Großen Chores der Potsdamer Kantorei und des Neuen Kammerorchesters unter der Leitung von Ud Joffe. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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