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Kultur: Trompetale Misstöne

Bachtage in der Friedrichskirche mit einem Ensemble der Komischen Oper Berlin

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Es sei vorangestellt: Die Stimmung war gut, es wurde applaudiert und die Zuhörer verließen am Dienstagabend die Friedrichskirche meistenteils mit einem Lächeln im Gesicht. Was eher einen Grund bot, sich zu wundern. Denn das, was zuvor in knapp 90 Minuten musikalisch geboten worden war, hätte deutlich anderes provozieren müssen.

Vielversprechend assoziativ kündigte der Titel „Erschallet, Trompeten“ eine Zeitreise mit dem Trompetenensemble der Komischen Oper Berlin an. Jeder Besucher der Bach-Tage weiß um den Bezug zum strahlenden Auftakt jener Huldigungskantate, die Bach schließlich zum 1. Teil des Weihnachtsoratoriums transformierte. Pauken und Trompeten sind eben sowohl für irdischen Königspomp wie zum Lob des Himmelskönigs geeignet. Aber gerade die Demonstration, wie Bach virtuos und experimentell mit dem Instrument variierte, generierte die eher schmerzhafte Erinnerung an belehrend-langweilige Schülerkonzerte, verbunden zumal mit mittelmäßigen Klangbeispielen. Dass Naturtrompeten aufgrund ihrer baulichen Besonderheiten schwer zu spielen sind, durchaus charmant in der ausführlichen Moderation dargelegt, ist geläufig. Zum Glück hat man mittlerweile viele wunderbare Klangproben live gehört, wobei bekannt ist, dass nur wenige derartige Konzerte ohne die eine oder andere intonatorische Eintrübung oder „Gurke“, wie bläserintern klangliche Rohrkrepierer genannt werden, auskommen.

Aber bei allem Respekt: Bach hätte unzweifelhaft seine Trompeter hochkantig aus der Thomaskirche geworfen, wären diese so disponiert gewesen wie die vier Herrn aus Berlin. Die Angst vor jedem Stück wuchs, denn keine Demonstration bzw. Komposition kam ohne erhebliche Missklänge aus. Reiche „Gurkenernte“ auch in der Vorführung der Flügeltrompete. Halten zu Gnaden, Joseph Haydn wie Johann Nepomuk Hummel haben ihre berühmten Trompetenkonzerte nicht geschrieben, um reihenweise falsche Töne zu provozieren. Da hilft auch kein noch so sympathisch-erklärendes Wort bezüglich. des sich nicht durchgesetzt habenden instrumentenbaulichen Experiments, welches ja schließlich von der heutigen Ventiltrompete abgelöst worden sei

Dass die vier Trompeter und ihr Paukenkollege sich seit zwei Jahren intensiv mit der historischen Aufführungspraxis beschäftigen, hängt mit der Entscheidung der Komischen Oper zusammen, einige ihre Inszenierungen unter diesem Sichtwinkel zu realisieren. Die sachkundige Auswahl der Stücke von Jules Cerclier über John Hyde, Purcell bis hin zu Ritter Neukomm und Britten wäre gut geeignet gewesen, die intendierte Zeitreise zu ermöglichen. Bei des letzteren Fanfare for St Edmundsbury fasste man sogar etwas Vertrauen zum Ensembleklang, wurde mit dem folgenden Marsch von C.Ph.E. Bach freilich schon wieder ernüchtert. Es sei aber wahrheitsgemäß berichtet: Es gab publikumsgewünschte Fanfaren-Wiederholungen sowie eine erklatschte Zugabe. So hatte immerhin der Abend nicht zum Ergebnis, dass eine wenn auch kleine Publikumsschar vom Klang der Barocktrompete auf immer verschreckt war. De facto hätte das zu einem Bärendienst werden können. Christina Siegfried

Christina Siegfried

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