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Kultur: Überzeugende Abstinenz

Bobo in white wooden houses im Waschhaus

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Bobo in white wooden houses im Waschhaus Sie hat uns lange warten lassen. 1992 war sie plötzlich da mit ihrem Debüt „Bobo in white wooden houses“. Klein aber mächtig, mit einer Stimme, die uns einfach überzeugte. Christine Herbold alias Bobo zeigte uns, dass englischsprachige Popmusik aus Deutschland nicht immer nur wie ein dritter, dünner Aufguss klingen muss. Selbst ihren allzu glatten Gute-Laune-Hit „Hole in heaven“ haben wir gemocht. Drei Jahre und drei Alben später war dann erst einmal Schluss. Ein paar Nebenprojekte hat sie zwar vorangetrieben, doch von ihrer Band Bobo in white wooden houses war lange nichts mehr zu vernehmen. Als sie am Sonntag gegen 22 Uhr mit neuer Band auf die Bühne im Waschhaus trat, sich die Akustikgitarre umhing und anfing zu singen, erst da merkten wir, wie sehr wir sie eigentlich vermisst hatten. Wie damals blickt sie noch heute mit großen, freundlichen Augen in die Welt. Eine gestandene Frau, die immer auch Mädchen geblieben ist. Ihr Lächeln ist entwaffnend wie eh und je, ihr größter Trumpf noch immer die Stimme. Doch nach neun Jahren war sie nicht ins Waschhaus zurückgekommen, um sich auf Altbewährtem auszuruhen. Die selbst auferlegte Abstinenz hat sie genutzt. Hat ihre Gedanken in Texte gefasst, den Texten Melodien gegeben und daraus diese Lieder gemacht, die zwar irgendwie bekannt klingen, trotzdem aber immer wieder überraschen. Eine gewisse Schnoddrigkeit liegt in diesen neuen Liedern. Ihre drei Mitmusiker, Gitarrist Thimo Sander, Bassist Stephan Gade und Drummer Tim Lorenz, agierten dabei mit dem Snobismus des Britpop. Eine gewisse Unnahbarkeit, vertieft in die Melodien, die sich in die Länge zogen, mal an-, mal abschwellend in treibender Belanglosigkeit. Darüber legte Bobo ihre Stimme, mit einer Selbstverständlichkeit, als könnte zu diesen einfachen Melodien nie etwas anderes passen. Klar und unverkennbar, ein wenig an Kate Bush erinnernd, nur um einiges weicher und unaufgeregter. Bobo in white wooden houses sind dem Pop treu geblieben, haben sich dabei aber neu definiert. Als sie zum Ende des Konzerts „Hole in heaven“ spielten, war schnell klar, dass dieses Lied nicht mehr so recht zu der Band passen will, die wir da vorne sahen. Bobo und ihre Mannen haben nicht das Problem, dass die Hits früherer Tage das Neue zu sehr drücken. Im Gegenteil, was im Waschhaus an aktuellem Material geboten wurde, mal experimentell, mal verspielt, stellte das Bekannte um Längen in den Schatten. Etwas über eine Stunde gehörte Bobo in white wooden houses dieser Abend. Sie sang und wir waren zufrieden. Und wieder einmal ließen wir uns davon überzeugen, dass die schleppenden, vermollten Liebeskummerlieder immer noch die schönsten sind. Zwei Zugaben noch, eine davon A capella, die auch letzte kleine Zweifel zerfallen ließ, dann war es vorbei. Nun müssen wir wieder warten. Hoffentlich nicht allzu lange. Denn ein neues Album von Bobo in white wooden houses kann nur eine Frage der Zeit sein. Dirk Becker

Dirk Becker

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