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Kultur: Ulbrichts Wille

Neuer Film über die Garnisonkirche

Stand:

Memorieren ist immer gut, besonders wenn es um öffentliche Dinge geht. Die Garnisonkirche ist eine solche „res publica“, was in den vergangenen Jahren dazu gesagt wurde, ließ weder Offizielle noch die Öffentlichkeit kalt. Die Meinungen waren gespalten. Inzwischen ist die Wiedererrichtung beschlossene Sache, ein „Versöhnungszentrum“ soll her.

Am Donnerstag wurde im Ausstellungszentrum Breite Straße ein frisch produzierter Film gezeigt, welcher die unvollendete Bewusstseinsbildung der Potsdamer etwas befördern will, im Sinne des jetzigen Standes. Filmemacher Olaf Gutowski, eng mit dem entsprechenden Förderverein verbunden, begleitete die letzten zwei,drei Jahre in Sachen Garnisonkirche bis zur Grundsteinlegung mit der Kamera. Als wäre die gesamte Stadt auf seiner Seite, nannte auch er seinen Dokumentarstreifen ostentativ „Ruf aus Potsdam“, mit Willen, dass die ganze Welt ihn vernehmen möge. Er enthält diverse Politiker-Statements, zeigt die Offiziellen unter sich, arbeitet mit historischen Fotos und Filmen, befragt auch stadtbekannte Persönlichkeiten wie den Zeitzeugen Hans Werner Mihan, den Orgelbauer Martin Seidel, oder den ehemalig liberalen Volksvertreter Gebhardt Falk, welcher bei der entsprechenden Stadtverordnetenversammlung 1968 gegen den Abriss („es war Ulbrichts Wille!“) 1968 stimmte.

Natürlich wurde die Sprengung gezeigt, Vorher und später. Gutowskis Film erweckte vorerst den Eindruck, als würden heutzutage alle vorbehaltlos für den Neubau sein, die meisten aus „städtebaulichen“ Gründen. Manfred Stolpe etwa will „sehr gelitten“ haben, weil die Stadt ihre Mitte verlor. Erst wenn Schloss und Kirche hochgebaut werden, sei „Potsdam wieder heil“. Dann werden die Stadtoberen gewiss viel bessere Beschlüsse fassen, als bisher.

Wer ruft da eigentlich? Neben Richard von Weizsäcker und Manfred Stolpe vor allem die Schirmherren Jann Jakobs, Matthias Platzeck (ihm wird im Film ein sattes Schlusswort gegönnt) und Superintendent Bertram Althausen. Weil Gutowski aber die kritischen Stimmen erst im noch zu schaffenden Folgefilm einbauen will, wird die Welt, an die man sich wendet, wohl nur die gefälligen Stimmen vernehmen.

Diskussionen nach kurzem Applaus in fast einheitlich-zustimmender Richtung: Man fragte, ob der Verkehr in der Breiten Straße nicht etwa stocken könnte , wenn man am ursprünglichen Platze baut, was man gegen mögliche „Nazi-Aufmärsche“ zu tun gedenke. Die Münchener Feldherrenhalle, so antwortete man, sei es ja auch nicht geworden. Einigkeit hinsichtlich „Ulbrichts Willen“ war unbedingt da, sogar Brunhilde Hanke soll damals ein bisschen „dagegen“ gewesen sein. Verwunderlich, denn der Förderverein für den Wiederaufbau vertritt ja auch die These, dass der „Tag von Potsdam“ die Garnisonkirche in Gänze gar nicht verträte, man könne dieses Datum sogar, zugunsten des Gesamtbildes seit 1732, eher vernachlässigen. Es sei nämlich, so hörte man, gar nicht „Hitlers Tag“ gewesen, sondern „der Tag des gescheiterten Versuches deutscher Konservativer, ihn zu verhindern“. Das ist natürlich ganz etwas anderes. Man sieht, wie wenig hier „abgeschlossen“ ist. Gerold Paul

Gerold Paul

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