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Kultur: Um verbunden zu sein

Premiere von Automatic I.D. in der fabrik

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Premiere von Automatic I.D. in der fabrik Nur drei Mal, erzählt die portugiesisch-angolanische Tänzerin und Choreographin Vânia Gala, hätte sie in den letzten drei Wochen die fabrik verlassen. Einmal unterbrach sie die Zeit als Artist in Residence, um sich vier Stunden lang in der Charlottenstraße eine afrikanische Frisur knoten zu lassen. Auch heute Abend, wenn ihr so intensiv einstudiertes Solo-Stück Automatic I.D. Premiere hat, wird sie eine kunstvolle afrikanische Frisur schmücken. Automatic I.D. bedeutet sinngemäß übersetzt die automatisierte Existenz. „Überall auf der Welt machen die Leute zu jeder Uhrzeit dasselbe", beschreibt Gala die Motivation zu ihrem Stück, „sie stehen morgens auf, frühstücken, gehen zur Arbeit, gehen einkaufen, kommen zurück, bringen ihre Kinder ins Bett und haben Sex." Dabei sähen die Gesichter der Menschen, z. B. wenn ihnen die Türen der U-Bahnen vor der Nase zuschlagen, überall gleich leer aus. Die Tänzerin mit den zwei Staatsbürgerschaften hat in fünf europäischen Ländern gewohnt, in den Niederlanden hat sie studiert, nach Norwegen und auch nach Berlin führte sie der Tanz. Die Entfremdung des Menschen in einer wie automatisch dahinströmenden Welt, so hat Gala beobachtet, ist anscheinend universell. Sie fragt: „Die Menschen reisen eine Menge, um die Welt kennen zu lernen. Aber ist es überhaupt möglich, mit so vielen Orten wirklich verbunden zu sein?" Gala hat viele Bilder gesammelt, die diese Indifferenz gegenüber anderen ausdrücken, wie das eines Betrunkenen, der aus der Tür der Straßenbahn fällt, und die Menge einfach über ihn hinweg steigt. Ihre Performance nimmt die Bilder von Entfremdung, Passivität, Indifferenz, Anonymität und Leere auf und überführt sie in Bewegung, um eine dahinter verborgene Individualität sichtbar werden zu lassen. Die Wiederholung ist dabei ein wichtiges Mittel. „Als wenn man durch die Fernsehkanäle zappt", erzählt Vânia Gala. Rhythmisch unterstützt durch die elektronische Musik, die Hillary Jefferey hierzu komponiert hat, begibt sie sich auf eine brüchige Gratwanderung zwischen Kontrolle über das eigene Leben und Kontrollverlust. Sicher wird Vânia Gala keine zusammenhängende Geschichte mit ihrem Tanz erzählen. Sie sagt: „Es wird eine Menge Raum gegeben, um sich mit einer Menge von Gefühlen eine eigene Geschichte zu schaffen." Matthias Hassenpflug Automatic I.D. ist Freitag bis Sonntag jeweils um 20 Uhr in der fabrik zu sehen.

Matthias Hassenpflug

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