Kultur: „Umbauter Raum“
Ausstellung der Produzentengalerie des Künstlerverbandes mit acht Künstlern im Luisenforum
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Architektur heißt das Leitthema für das Jahr in Stadt und Land. Auch der Brandenburgische Verband Bildender Künstler (BVBK) bat seine Mitglieder, sich zum Thema zu äußern. In den neuen Räumen im Luisenforum will man zukünftig thematisch ausstellen. Von zusammengefassten Werkausstellungen hat man mit der neuen Adresse Hermann-Elflein-Straße Abstand genommen. „Umbauter Raum“ heißt die aktuelle Schau von acht Verbandsmitgliedern.
Die Unendlichkeit des Raumes kann auf verschiedene Art gegliedert werden. Für diejenigen, die Behausungen bauen, mögen die Steine wichtig sein. Für Künstler ist es der Raum, der sich zwischen ihnen auftut. Dem Raum um eine Skulptur, der Bedeutung hinter einem Bild gilt ihr Interesse.
Einen sehr poetischen Übergang vom Materiellen ins Imaginäre gelingt Gunter Schöne mit seinen schwebend-leicht wirkenden Arbeiten aus Japanpapier. Der Teller, in dem noch der Löffel liegt, die Tassen, nach einem Besuch bereits zusammen gestellt, formt er aus diesem luftigen Material. Jedoch nur halb ragen sie aus der blütenweißen Bildfläche, die sich als Projektionsraum auftut, um sich die Gesellschaft, das gesellige Umfeld, dazu zu denken.
Obwohl nur zwei des charmanten, eigentlich 36 kleine Kaltnadelradierungen umfassenden Zyklus“ „Welten“ von Tina Flau ausgewählt wurden, vermögen bereits diese den Betrachter in eine Traumwelt zu locken. In der materiellen Beschränkung auf wenige Formen und auf nur eine fast Begehren auslösende Farbe entsteht ein Sog, Bedeutungen bilden zu wollen. Die Künstlerin entfacht ein Spiel mit den Grundformen, indem sie mit dem Titel „Möglichkeit“ in einen weitgespannten Imaginationsraum führt. Es könnten zwei Giebel, Berge oder sogar Brüste sein, die da in einem satten Blutorangerot ihre Spitzen zeigen.
Die Architektin Ellinor Euler ist mit zwei ironisch-hintersinnigen Arbeiten vertreten. Sie nutzt das serielle Prinzip, um konkrete „Raumkritik“ zu äußern. Die sechs identischen Häuschen in der Arbeit „Schöne Aussicht“ erhalten erst durch die Wahl des Lichts in Cézanne“schen Ockertönen eine Unterscheidbarkeit. Im Bild „MusterHaus“ müssen Statussymbole wie Auto, Jägerzaun und Caravan die Unverwechselbarkeit des Eigenheims sichern helfen.
Aus rotem Ton lässt Regina Roskoden ziemlich doppeldeutig ihr „Casa Nova“ in die Geschlechterdebatte emporrecken. Das Männliche erscheint hier hermetisch. Keine Tür, nur drei kleine Aussparungen für Fenster. Eckig, Kantig, einzig nach Höhe strebend.
Mit Humor baut auch der Keramiker Christian Uhlig seine Häuser und Apparaturen. Seine „Schnitterkaserne“, ein roher löchriger Turm, wird von einer rostigen Sense durchteilt. Hier leidet die Behausung, wo früher der Landarbeiter darben musste.
Stephan Möller sucht eine Harmonie zwischen Raum und Leere mit seinen kompakten Metallskulpturen. Nach oben offene Schächte, eng beieinander wie in den Schluchten Manhattans.
Peter Vogel hat den monumentalsten leeren Raum der Stadt aufgesucht. Den nach Nutzung sich sehnenden runden Lokschuppen im Industriegelände am Drewitzer Bahnhof. Die Fotografien des gigantischen Dachhimmels und der neun einzelnen Tore kontrastiert er durch eine aus Starkstrom gespeisten Neonröhre. Betrachter und betrauerter Raum werden so gemeinsam in jenes nostalgische Licht getaucht, das leuchtete, als Potsdam noch ein „Industriestandort“ war.
Marianne Gielen entführt in ihrer Abstraktion sowohl in Zeit als auch in Raum. Ihre Interpretation einer „Mittelalterlichen Stadt/Belagerung“ ist zu dicht komponiert, um noch Individuen oder Handlungen auszumachen. Hier ist ein recht wohlgefälliges Netz aus Farbe und Struktur über den geschichtlichen Raum geworfen. Die Kunst verweigert mit ihren Mitteln die Einsicht.
Gielens Reiseimpressionen aus Afrika entführen zudem in die Farbräume und Raumauffassungen anderer Kulturen. Das Blau des Himmels und der unendliche Wüstensand: ein von Sehnsüchten häufig bemühter Raum, den allein die Träume umbauen dürfen.
Matthias Hassenpflug
Bis 2. Juli, Hermann-Elflein-Str. 18, Mi. – Fr. 11- 17 Uhr, Sa. u. So. 11-18 Uhr
Matthias Hassenpflug
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