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Kultur: Unbedarft

„Die Fischerin“ am Ägyptischen Portal

Stand:

„Die Fischerin“ am Ägyptischen Portal „Liebst du mich?“, fragt feurig der junge Bräutigam. „Jaaaa – dooooch“, antwortet fast widerwillig die Angebetete. Glücklich scheinen die beiden nicht zu sein. Oder sollte es täuschen und alles nur ein Spiel sein? Wer an lauen Sommernachmittagen in parkidyllischer Umgebung openairliche Zerstreuung sucht, ist mit Goethes Wald- und Wasserdrama „Die Fischerin“ gut bedient. Das naive bis neckische Singspiel des jungen Dichters, von Corona Schröter (1752 bis 1802) für das Liebhabertheater der Herzogin Anna-Amalia von Sachsen-Weimar gefällig vertont, will unterhalten. Ansprüche an einen zu bildenden Bürger (oder Adligen) stellt es keine. Damals wie heute. Theaterchef Goethe inszenierte es einst für den „natürlichen Schauplatz zu Tiefurth an der Ilm“ zum Amüsement des Hofes. Was damals im künstlich arrangierten Naturraum des Parks der herzoglichen Sommerresidenz erfreute, findet heutzutage im Rahmen der Musikfestspiele, nicht weniger erkünstelt inszeniert, vor dem Ägyptischen Portal im Neuen Garten statt. Wenige Versatzstücke wie Tisch und zwei Stühle sowie einige Requisiten (Rührtopf, hölzerner Schöpfzuber) genügen, um der kärglichen Behausung der Fischerfamilie ein wenig optische Ausstrahlung zu geben (Ausstattung: Ina Kromphardt). Nun kann das naiv-neckische Spiel beginnen. Zunächst singt Töchterlein Dortchen aus Langeweile die Ballade vom „Erlkönig“, der ersten Vertonung des Goetheschen Gedichtes überhaupt. Entstanden ist ein schlichtes, kaum aufregendes Strophenlied. Übrigens hat der Autor für seine Dichtung auch in Herders Poesie-Sammlung „Stimmen der Völker in Liedern“ gewildert. Diese Anleihen wirken wie Fremdkörper. Da sich weder Vater noch Bräutigam Niklas um Dortchen kümmern (sie sind noch beim abendlichen Fischen), will sie ihnen ein Schnippchen schlagen und gaukelt ihnen vor, sie sei beim Wasserschöpfen ertrunken. Strohhut und Zuber hat sie zuvor auffällig platziert. Die Sucherei nach der Verschollenen, an der sich auch nachtverschlafene Nachbarn (am hellen Nachmittag) beteiligen, beginnt. Die Neckerin zeigt sich schließlich höchst lebendig, worauf die väterlichen Vorhaltungen beginnen. Einem Happy End steht dennoch nichts im Wege. Doch ehe es dazu kommt, ist manche Durststrecke des Sehens und Hörens zu bewältigen. Die unaufwändige Regie (Johannes Zametzer) belässt es bei wenig einfallsreichen Arrangements (auch Warten will spannend in Szene gesetzt sein!) und dilettantischem Agieren. Musikalisch reißt es einen auch nicht gerade vom harten Gartenklappstuhl. Vorgezeigt wird eine Hausmusikfassung mit Hammerklavier (in bewährter Spielmanier: Christine Schornsheim) und Gitarre (Michael Freimuth), die das Geschehen illustriert und in ihren pseudodramatischen Erregungen nur unfreiwillig komisch wirkt. Mit angenehmer Soubrettenstimme weiß Ulrike Staude als selbstbewusstes Dortchen zu gefallen. Sie spricht sehr natürlich ihren Text; leider so leise, dass er ab der zweiten Reihe kaum noch zu verstehen ist. Mit seinem leicht geführten, sehr offenen und lyrisch glänzenden Tenor gewinnt sich Markus Schäfer (Niklas) viel Sympathie, während Ekkehard Abele (Vater) nicht mehr als profunde Baritonkost abliefert. Zur szenischen Staffage treten vier nachthemdbekleidete Nachbarn als Minichor auf. Der knapp fünfzigminütigen Singspiel-Nichtigkeit, kündend von den Vergnügungen am herzoglich-weimarischen Musenhof, fällt freundlicher Beifall zu. Peter Buske

Peter Buske

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