Kultur: Und das Banjo macht Pling Pling Pascal Parisot sang
im Nikolaisaal
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Vielleicht liegt es an seinem Nachnamen. Tellitocci. Das klingt schon nach Musik, nach ein wenig verrückter aber. Dazu der Sänger Pascal Parisot, ein Klavier, Gitarre, Bass und Schlagzeug, allerlei Hausrat, Spielzeug und Gerümpel. Das alles in ein Gartenhäuschen verfrachtet, ein paar Tage abgewartet – und schon hat man ein Album wie „Clap! Clap!“
Es war vor allem Jacques Tellitocci, der am Freitagabend im Foyer des Nikolaisaals immer wieder Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit von Musikerpersönlichkeiten aufkommen ließ. Das aber nur im positiven Sinne. Den größten Teil des Abends mit dem französischen Sänger und Bassisten Pascal Parisot verbrachte Tellitocci hinter dem Klavier und lieferte kleine, nett anzuhörende, wunderbar verspielte Melodiegirlanden, die Parisot zum Ausschmücken seiner Lieder nutzte. Aber wehe, man ließ Tellitocci an die Töpfe!
Dieser Hausrat an Tiegeln, Schüsseln und anderen, zum Teil recht alten Küchengeräten kam erst nach dem dritten oder vierten Lied zum Einsatz. Bis dahin hatte Pascal Parisot, der eigentliche Star des Abends, der mit seinem Album „Clap! Clap!“ auch hierzulande ein Publikum gefunden hat, freundlich in seine musikalisch eigenwillige Geschichtenwelt Einlass gewährt. Dunkel gefärbter, meist unbekümmerter, manchmal verwunderter, selten nur noch überraschter Gesang, der von den kleinen und großen, im Rückblick oft banal erscheinenden Fallstricken des Lebens erzählt. Dazu das fröhliche Pling-Pling des von Frédérique Dastrevignes gespielten Banjos, Tellitoccis Melodiegirlanden und Marc Gauthiers dezente „Schlägereien“ auf dem Schlagzeug.
Parisots Musik, dem Chanson verpflichtet, offen aber für alles, was gut klingt in seiner flirrenden Welt, Pop, Swing, Reggae, Blues und Bossa, ist nicht Flaneur sondern Filou auf der langen Straße des Zwischenmenschlichen. Er erzählt von gescheiterten Rendezvous, rätselt über die Unergründlichkeit der Frauen und präsentiert eine Hommage auf die Sekretärinnen. Das alles mit einem breiten Lächeln und unschlagbarem Charme. Für die anderen Verrücktheiten war Jacques Tellitocci verantwortlich.
Am linken Bühnenrand hatte der seine Spielburg aufgebaut, ließ Knallfrösche krachen, Luftballons jaulen und durch die Luft krächzen, ließ Spieluhren klimpern und Auziehfiguren rattern. Dazu dann Töpfe, Deckel und Schüsseln, die Tellitocci mit der Hingabe eines kleinen Jungen bearbeitete. Das Erstaunliche: Egal welches Geräusch er auch fabrizierte, es klang immer nach Musik. Eine Zirkusnummer der alltäglichen Klänge, die an Tom Waits erinnerten und einen nicht selten, zufrieden grinsend, denken ließen: Die spinnen, die Franzosen. Selbst in einem kleinen Gartenhaus lässt sich die weite Welt der Phantasie durchmessen, wenn große Jungen ihre Spielzeuge dabei haben. Und manchmal entsteht dabei auch verdammt gute Musik.
Dieser Abend im Foyer des Nikolaisaals wäre ein tadelloser Auftakt der Reihe „The Voice in Concert“ geworden, die mittlerweile ins fünfte Jahr geht, wenn rbb-Kulturradio-Moderator Lothar Jännichen auf sein übliches Gespräch mit den Musikern vor dem Publikum verzichtet hätte. Die französischen Musiker des Englischen und Jännichen des Französischen kaum mächtig, entwickelte sich kein Gespräch, sondern nur eine äußerst peinliche und inhaltslose Stotterei. Pascal Parisot nahm“s mit entschuldigendem, charmantem Lächeln. Dirk Becker
Dirk Becker
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