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Meister der grotesken Elemente: Hauptdarsteller Philipp Mauritz.

© Hans Otto Theater

Premiere im Hans Otto Theater: Und die Lawine nimmt ihren Lauf

"Außer Kontrolle": Die schwarzhumorige britische Komödie mit Philipp Mauritz als Staatsminister Richard Willey hat am Donnerstag im Hans Otto Theater Premiere. Die entscheidende Frage darin lautet: Wie lässt man eine Leiche unauffällig zwischen Austern, Kaviar und Champagner verschwinden?

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Es wird schwarz, es wird absurd, es wird rasant – mit einem Satz: Es wird britisch am Donnerstag, wenn das Ensemble vom Hans Otto Theater Ray Cooneys Farce „Außer Kontrolle“ das erste Mal auf die Potsdamer Bretter schickt. 1990 im Londoner Shaftesbury Theatre uraufgeführt und gleich zur besten englischen Komödie gekürt, verballhornt „Außer Kontrolle“ die Genres des Kriminalstückes und der politischen Satire. Ray Cooney, Jahrgang 1932, gilt als Meister der zeitgenössischen absurden Komik, der seine Protagonisten von einer aberwitzigen Situation in die nächste stolpern lässt. Und genau das wird auch passieren, so viel kann Hauptdarsteller Philipp Mauritz schon mal verraten. Britischer Humor ist eben auch eine ganz besondere Spielart, die in bester Tradition mit ganz viel grotesken Elementen, aber auch Zuspitzungen und Wiederholungen arbeitet.

Nach dem Erfolg der Komödie „Der nackte Wahnsinn“ will das Hans Otto Theater einen neuen Blockbuster ins Rennen schicken – und wieder mit Andreas Rehschuh als Regisseur. Rehschuh gilt als Spezialist für Komödien und soll im Sommer auch Shakespeares „Des Widerspenstigen Zähmung“ Open Air auf die Bühne bringen. Das Inszenieren einer Komödie gilt als knallharte Arbeit, da es auf absolute Präzision ankommt – Rehschuh sei dafür der richtige Mann.

Wir treffen Philipp Mauritz in der Kantine des Hans Otto Theaters, er wirkt zurückhaltend, entspannt, ganz anders, als man sich das Alphatier eines Politikers zunächst vorstellt. Aber wenn er mit seinem verschmitzten Grinsen von den Arbeiten am Stück erzählt, ergreift einen die Vorfreude auf seine Figur. Mauritz spielt den Staatsminister Richard Willey, einen englischen Politiker, der eine wichtige Tagung vorgibt, um mit der Sekretärin der Oppositionspartei, Jane Worthington (Melanie Straub), ein zünftiges Schäferstündchen in einem Nobelhotel zu verbringen. Birgt das Stück, das immerhin zum Ende der Thatcher-Ära entstanden ist, etwa derart viel politisches Potenzial? Mauritz glaubt kaum, dass Cooney damit die damalige politische Zeit persiflieren wollte, eher ging es ihm um die generellen Handlungsstrukturen von Politikern: „Es ist eher eine Komödie, die außer Kontrolle gerät, wie der Titel schon sagt.“ Bevor es zum Stelldichein kommen kann, taucht in dem Zimmer eine Leiche auf – „und dann nimmt die Lawine ihren Lauf.“

Zu allem Übel handelt es sich bei der Leiche um einen Privatdetektiv, welchen der Ehemann der Sekretärin auf diese angesetzt hat. Inzwischen kommt der omnipräsente Kellner und bringt Austern, Kaviar und Champagner – wohin also mit der Leiche? Willey und Worthington müssen alles vertuschen, und so wird die Leiche eben zunächst zu einem lebenden Objekt dekoriert und als verkatert-schlafender Bruder der Sekretärin ausgegeben. Die Leiche dann unauffällig verschwinden zu lassen gestaltet sich allerdings weitaus schwieriger als gedacht: Es muss immer mehr erfunden werden, es wird geradezu chaotisch, die Leiche verschwindet – und erwacht schließlich wieder zum Leben. Währenddessen müssen die Protagonisten mächtig strampeln, um die Geschichte wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Philipp Mauritz hat erst vor vier Wochen mit den Proben begonnen, ursprünglich war Bernd Geiling vorgesehen, fiel aber kurzfristig aus. „Ich habe mich zwar gefreut, aber das war schon kurzfristig und eine Menge Text, mit den Namen kommt man ja schnell durcheinander. Normalerweise macht mir das nicht viel aus, aber hier dachte ich schon zwischendurch: Oh mein Gott!“, so Mauritz.

Hat Mauritz sich denn bei der Vorbereitung auf die Rolle an einem realen Politiker orientiert? Nein, jemand Bestimmtes habe er nicht im Kopf gehabt. Aber man achte schon mehr auf die Techniken der Politiker, die ganzen Maschen, die Lügengebäude, alles schönzureden und sich wie ein Aal zu winden – das sind schließlich auch die Kernkompetenzen der von ihm verkörperten Figur. „Es geht doch heute in der Politik auch immer mehr um Nebensachen, dabei wären politische Themen wesentlich notwendiger.“ Das Private dringe immer mehr in den Vordergrund, was nicht zuletzt am Diktat der Medien liege. Natürlich setze das den Politiker unter Druck: „Für einen schmutzigen Witz kann der sofort fliegen.“ Der Politiker aber als Projektionsfläche für Mitleid? Nein, sagt Mauritz, bei Richard Willey erfreue man sich an den Missgeschicken: „Er ist der Macher, aber trotzdem geht es in die Hose.“ </SB>

Premiere am morgigen Donnerstag

Oliver Dietrich

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