Kultur: Unersetzlich
Die Brandenburger Symphoniker mit Rossini
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Rossinis Leichtigkeit hat es ihm hier zu Lande schwer gemacht. „Oberflächlich, leichtfertig, ohne Tiefgang“ lauten einige der Schmähungen seiner Musik. Zwar werden Rossinis Opern, schon wegen ihrer Belcanto-Perlen, bis heute gerne gespielt und auch die Ouvertüren haben überlebt. Ein ganzes Konzertprogramm mit Werken von Gioachino Rossini zu bestreiten, bleibt aber ein ungewöhnliches Unternehmen. Doch das Nachmittagskonzert am Sonntag mit den Brandenburger Symphonikern im Nikolaisaal begeisterte wohl auch diejenigen, die bisher noch nicht zu den Fans des Italieners gehört haben.
Unter der Leitung des Generalmusikdirektors Michael Helmrath wurde ein spritzig-witziger Potpourri aus Rossinis Werken geboten. Natürlich durfte der Gesang dabei nicht fehlen, der hier in Gestalt der großartigen Mezzosopranistin Kinga Dobay erschien. Den erzählerischen Anteil bestritt wie üblich Moderator Clemens Goldberg. Er nahm das Motto „Zu Gast bei Rossini“ wörtlich und ließ den Zuhörern mit sardonischem Spaß das Wasser im Mund zusammenlaufen, indem er statt musikalischer Erläuterungen Kochrezepte zum Besten gab. Schließlich ranken sich um Rossinis kulinarische Leidenschaft und seine großzügigen Gastmahle viele Geschichten. So hörte man etwas über grünen Spargel mit Parmesan und die ethisch angemessene Zubereitung von Tournedos Rossini – mit Biorind, wie Goldberg empfahl.
Zum Auftakt und zum Finale gab es je eine Ouvertüre. Feurig und kontrastreich erklang der „Barbier von Sevilla“ in strahlendem E-Dur. Dieselbe Tonart findet sich auch in der „Diebischen Elster“, doch versetzt dort ein Dreiertakt die Hörer in heftige Wirbel, der allerdings an diesem Nachmittag, dem letzten von drei Konzerten, schon etwas matt ausfiel. Abgesehen von einigen Kennern und Liebhabern wie Heinrich Heine wussten vor allen anderen die Komponisten, was sie an Rossinis Musik hatten. So kreierte Benjamin Britten zwei schöne Orchestersuiten nach Liedern und Klavierstücken des Opernmaestros. In der Brittenschen Tonsprache klingen die mitreißenden melodischen Motive noch durch, werden aber zugleich spielerisch parodiert, deftig brüskiert oder duftig aufgeplustert. Der Marsch wirkt puppenhaft niedlich mit Triangel und Piccoloflöte und trippelt und trappelt im Spieldosengalopp vorbei. Mit bombastischem Aufruhr und drolligen Bläserpassagen wird ein Walzer ausgestattet, dass er beinahe wie eine Karikatur erscheint. Der dicht instrumentierte Bolero erfreut mit zarten und markigen Klängen von Glockenspiel und Kastagnetten.
Auch Ottorino Respighi nutzte Rossinis ingeniösen musikalischen Ideenreichtum. „Péchés de vieillesse“ (Alterssünden) pflegte Rossini seine späten Klavierwerke selbstkritisch zu nennen. Respighis darauf beruhende Ballettsuite „Der Zauberladen“ zog mit ungemein raffinierter Instrumentation die Zuhörer in Bann, speziell im abgründigen Nocturne, wo Solovioline und Solocello herrlich mit Harfe und Glockenspiel dialogisieren. Nicht zuletzt der Gesang von Kinga Dobay hätte wohl ein großes Lob von Rossini persönlich erhalten, der zweimal mit angesehenen Sängerinnen verheiratet war. Kinga Dobay verfügt über eine golden getönte Mezzo-Stimme, die sowohl die Koloraturen in der Arie der Rosina bravourös zum Leuchten, als auch den Klagegesang des Aschenbrödels anmutig und innig zum Ausdruck bringt. Die Brandenburger Symphoniker spielten geschmeidig und klangvoll mit herausragendem Solopart und zeigten in diesem Konzert, dass sie unersetzlich sind. Babette Kaiserkern
Babette Kaiserkern
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