Kultur: Ungläubig

Frau Schöneich, Frau Pupka, wie haben Sie den Mauerfall erlebt und was haben Sie gemacht?

Pupka: Ich habe die Nachricht ungläubig im Radio erfahren und konnte es erst gar nicht glauben, dass die Mauer, an der ich so oft am Neuen Garten, auf dem Weg zu meinem Diplompraktikum, vorbeigegangen war, nicht mehr stehen würde. Am nächsten Tag wurde der Grenzübergang an der Glienicker Brücke geöffnet und wir sind zusammen mit Freunden über die Brücke bis zur S-Bahn-Station Wannsee gelaufen, um dann mit der S-Bahn zum Ku’damm zufahren.

Schöneich: Auch ich konnte die Nachricht kaum fassen und bin zusammen mit meiner Familie zur Glienicker Brücke und dann weiter zum Brandenburger Tor gefahren.

Welche Gedanken haben Sie sich über die Zukunft gemacht?

Pupka: Zusammen mit dem Mauerfall kam natürlich auch die Sorge über die Zukunft. Auf einmal waren viele Bürger arbeitslos und standen vor dem Nichts.

Schöneich: Auch ich verlor meine Arbeit und beschloss, dass ich mich sozial engagieren wollte. Dabei lernte ich innerhalb von kürzester Zeit viele interessante Menschen kennen und war plötzlich Referenten einer Staatssekretärin.

Haben Sie zuvor mit dem Gedanken gespielt zu flüchten?

Schöneich: Im Nachhinein habe ich erfahren, dass meine Eltern den Gedanken hatten, ihn aber verworfen haben, da mein Vater Pastor war und seine Gemeinde nicht zurücklassen wollte. Ich selber habe eine Flucht nicht in Betracht gezogen, da ich meine Familie, insbesondere meine Kinder, schützen wollte.

Pupka: Ich hatte immer im Hinterkopf, dass meine Familie Probleme bekommen würde, wenn ich flüchten würde. Das wollte ich ihnen nicht zumuten.

Das Interview führten Jennifer Schultz und Hans Wudick

Elisabeth Schöneich (65, l.) war zur Zeit des Mauerfalls Anwohnerin im Grenzgebiet am Neuen Garten, Adelheid Pupka (62, r.) arbeitete als Praktikantin im Rechenzentrum in der Bertinistraße.