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Kultur: Unschlagbar

Olaf Schubert in der Waschhaus Arena

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Es bedarf „Drastizitenz“, will man als Weltverbesserer und Humorist der Menschheit zu ihrem Glück verhelfen. Der Kabarettist, Comedian und Musiker Olaf Schubert weiß das. Mit seiner fettigen Langhaarfrisur, dem markanten gelbgrünen Rauten-Pullunder und der zu weiten Karottenjeans steht er da, gestikuliert mit seinen dünnen nackten Armen und sächselt mit quäkender Stimme besorgt aber auch entschlossen, mit kurioser Eloquenz über den alltäglichen Stand der Dinge. Hunderte erliegen regelmäßig dem Charme dieses seltsamen Dresdners, so auch am Freitagabend, in der ausverkauften Waschhaus Arena.

An diesen „nach proletarischer Ehrlichkeit riechenden Ort“ hatte es Schubert im Rahmen seines aktuellen Bühnenprogramms „Meine Kämpfe“ getrieben. Viele seien ja schon an einem Kampf gescheitert, er jedoch würde für einen gar nicht erst aufstehen, verkündet der Schmächtige mit rührend hilflos gespielter Lässigkeit. Er, der Sohn eines berühmten Chirurgen, welcher der heutigen Bundeskanzlerin einst die Prostata entfernt habe, sei der Mann fürs Grobe unter den Feingeistern und gar vielfältig sei seine alltägliche Mühsal. Was Schubert neben seinem verkorksten Erscheinungsbild besonders auszeichnet, ist seine haarsträubend fehlerhafte, an unsinnigen Fremdwörtern und Wortneuschöpfungen so reiche, mit verhunzten Redewendungen und „kleinen oralen Spasmen“ durchsetzte Sprachmacht. In der Rolle des Betroffenen und Mutigen ist Olaf Schubert somit eine perfekt gelungene, unfreiwillig komische Figur, die an diesem Abend mit Leichtigkeit und von Anfang an die 500 Gäste begeistert. Und das mit durchaus ernsten Themen!

Schubert macht sich ob der weltpolitischen Lage genauso Sorgen wie über die künftige Ressourcenknappheit. Man solle endlich die Mondkraft nutzen und sich darauf besinnen, dass Deutschland noch für 40 Jahre über Windreserven verfüge, denn allein mithilfe der sozialen Kälte ließe sich die Klimaerwärmung nicht kompensieren. Und zwischendrin greift Schubert immer wieder zur verstimmten Klampfe, um naive, absurde Protestlieder zu singen, wozu er von Jochen Barkas an der zweiten „Holzgitarre“ und Herrn Stefan am Bass Unterstützung erhält.

In seiner Funktion als „Konfliktnomade“ verliert sich Schubert bald ausgiebig im weiten Feld der zwischenmenschlichen Beziehungen, wo er über „menstruale Minenfelder“ und „feminöse Veranlagungen“ stolpert, um schließlich im erotischen Themensektor anzulangen. Denn auch für Witze, die „mit der Ballpumpe in den Elch gerammelt werden“, für den Griff in den „Ferkelkarton“ ist sich Schubert keinesfalls zu schade, und da er besonders englische Anglizismen ablehnt, schlägt er vor, deutsche Nachtclubs lieber „Gemächthangar“ oder schlicht „Fickstübchen“ zu nennen, was die Potsdamer mit herzhaftem Gelächter und Beifall quittieren. Und während man sich noch fragt, wie man „Schlaf ausübt, wie vom wilden Hans gebissen“ und dabei von „Afroafrikanern“ träumen kann, die blinde Skinheads über die Straße führen, beklagt Schubert auch schon die „verbizepste und erkenntnisresistente“ Jugend, der er in HipHop-Manier deshalb verrät, dass „Geschlechtsverkehr nicht hält, was die Onanie verspricht“.

Als sich der große Gedankengigant der Gegenwart, nach knapp zwei Stunden unter immensem Jubel verabschiedet, wird klar, dass seine Vorschläge Glück verheißen und dass allein ein Gesamtkunstwerk wie Olaf Schubert die Welt vor dem Untergang retten kann. Daniel Flügel

Daniel Flügel

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