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Kultur: Unter beengten Verhältnissen

Das Potsdamer Montagsorchester stellte in der „fabrik“ sein Debütalbum „Souterrain“ vor

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Dass die Entscheidung für den Bandnamen ganz pragmatisch ablaufen kann, zeigt die in Potsdam beheimatete Formation Montagsorchester. Die elfköpfige Band kombiniert eine Bandbreite an Instrumenten, die beim Schlagzeug beginnt und über Geige, Klarinette und Banjo bis zu Cello, Bass und Flöte reicht. Ganz zu schweigen von der Maultrommel, der Nasenflöte oder, als Gastinstrument, dem Marimbaphon. Die sollen alle klanglich unter einen Hut gebracht werden und damit das möglichst reibungslos funktioniert, trifft man sich immer montags zur Probe.

So ist er also entstanden, der Name des Montagsorchesters. Am Samstag stellten die Musiker nun ihr Debütalbum mit dem Titel „Souterrain“ vor. Das ursprünglich im Café geplante Konzert wurde aber wegen der zahlreich erschienenen Fans und Freunde spontan in einen der kleinen Säle der „fabrik“ verlegt. Da dieser schließlich trotzdem nicht alle Gäste fassen konnte, gab es eine Liveübertragung des Konzerts über einen Bildschirm im Café. Alle, die einen Platz im Saal ergattern konnten, rückten eng zusammen und taten es damit der Band, die in ihrer Kombination ein wenig an eine Lightversion der in Berlin ansässigen 17 Hippies erinnert, gleich, die unter ähnlich beengten Verhältnissen auf der Bühne Aufstellung nahm, es aber mit Humor trug. Selbst als mit Gästen wie Bringfried Löffler am Marimbaphon oder Andreas Schleicher an der Gitarre plötzlich zwölf oder gar dreizehn Musiker ihren Platz einforderten.

Was dann mit einem komödiantisch vorgetragenen Charleston begann, wurde schnell zu einer weltumspannenden musikalischen Reise, die von einer New Yorker Bar in den 20er Jahren über Osteuropa bis in arabische Gefilde führte und mit „Mein kleiner grüner Kaktus“ auch deutsches Liedgut nicht vorenthielt. Während im ersten Teil vor allem der Dudelsack, gespielt von Kai Doedens, dem Wortführer des Abends, dominierte, hatten später, in der spanischen und argentinischen Phase, vor allem die Geigen (Manon Rüdenburg, Antje Ziethen,Billi Möller) das Wort, unterstützt von Angelika Schönwaldt am Akkordeon. Der Piazzolla-Tango, im zweiten Teil leider durch den Einsatz aller Musiker etwas überfrachtet, erinnerte in der Anfangsphase angenehmerweise ein wenig an die elektronischen Variationen von Gotan Projekt.

Dass Melancholie und Lebensfreude dicht beieinander liegen, beweist auch der jiddische Klezmer. Die Band, und hier vor allem Heike Vollmer und Friedhelm Wizisla an der Klarinette, erfasste beide Stimmungen und übertrug sie aufs Publikum, das im Rahmen der beengten Möglichkeiten sogar versuchte zu tanzen und später bei „A drunken sailor“ gar mitsang und so einen schönen Backgroundchor gab. Trinklieder zu fortgeschrittener Stunde also und, nach heftig eingeforderten Zugaben, in denen auch das wohl bekannteste Bandmitglied Ruben Wittchow, der vor allem als Solokünstler unterwegs ist, zu Wort kam, schließlich der launige Aufruf: „Die Kohle zu teilen und gemeinsam an die Bar zu eilen.“

Auch wenn das Montagsorchester nur die leichte Version der 17 Hippies bieten konnte, gilt doch, die Band und ihre angekündigten Tanzveranstaltungen im Dreimonatsrhythmus im Auge zu behalten. Die bieten schließlich die Möglichkeit, bei hoffentlich angenehmeren Platzverhältnissen das Repertoire der Musiker noch einmal ganz anders auszukosten. Andrea Schneider

Andrea Schneider

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