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Das Potsdamer Theaterschiff auf Landgang in der Französischen Kirche. Credit: Julius Ruge.

© Julius Ruge

„Unzähmbar“ in der Französischen Kirche: Das Potsdamer Theaterschiff geht an Land für den Frieden

In seiner neuen vierteiligen Reihe „Unzähmbar“ präsentiert das Theaterschiff Weltmusik und Lyrik. Den Auftakt machte das Trio Laccasax.

Von Astrid Priebs-Tröger

Standing ovations und Bravorufe krönten das erste Konzert der neuen musikalisch-literarischen Reihe „Unzähmbar“ des Potsdamer Theaterschiffs am Samstagabend. Die Macher:innen haben sich in der neuen Spielzeit ihrem dritten Friedensprojekt zusammen mit verschiedenen internationalen Künstler:innen verschrieben.

Begonnen hat diese Arbeit bereits vor mehr als einem Jahr, als der bekannte ukrainische Physical Artist Borys Borysenko seine erste umjubelte Zirkus-Show „The ship, where the light lives“ mit zwölf internationalen Künstler:innen auf dem Schiff kreierte, der im März dieses Jahres eine zweite folgte. Borysenko selbst hatte weitere Pläne, erkrankte 2023 jedoch schwer.

Doch seine Idee, vor allem mit „Liebe und Licht“ für die friedliche Verständigung zwischen Menschen zu arbeiten, griffen andere auf und setzen sie jetzt fort, wie die künstlerische Leiterin des Theaterschiffes, Martina König, sagt. Allen voran der namhafte Saxofonist Andrej Lakisov, der schon im Cirque de Soleil zusammen mit Borysenko spielte und der jetzt mit Martina König zusammen weitere Musiker:innen eingeladen hat, in der neuen Reihe – Klassik ist Neuland für das Theaterschiff – mitzuwirken.

Tango, Walzer und Klezmermusik

Am Samstagabend war dies das Trio Laccasax, das Lakisov gemeinsam mit dem Akkordeonisten Timofey Sattarov gründete und zu dem auch der Bassist Bernd Gesell gehört. Und schon nach den ersten Tönen dieses wunderbar eingespielten Trios und seiner kraftvoll-verträumten und zugleich erdenschwer-schwebenden Musik wurde klar, dass diese, ihre Musik besonders in diesem Kirchenraum einem Gebet für den Frieden gleicht.

Unter der ovalen hellgelben Kuppel des Gotteshauses erklangen sowohl Tango-, als auch Walzer- sowie Klezmermusik. Dazwischen rezitierten die Schauspielerinnen Andrea Brose und Larisa T. Papizh, die die gesamte Reihe begleiten, auf Russisch und Deutsch unter anderem Verse von Mascha Kaléko, Heinrich Heine und ein mittelhochdeutsches Liebeslied.

Doch vor allem gehörte die Bühne den drei hervorragenden Solisten, die genügend Raum für ihr unglaublich virtuoses Einzelspiel hatten und dann wieder ganz wunderbar zusammen klangen. Nahltlos wechselten die Multiinstrumentalisten Andrej Lakisov und Timofey Sattarov zwischen mehreren Instrumenten, Bernd Gesell spielte als Letzter ein grandioses Solo auf seinem Bass.

Musik mit Witz und Leichtigkeit

Die drei changierten meisterhaft zwischen unterschiedlichen musikalischen Stilrichtungen und emotionalen Stimmungen. Und wenn sie die berühmte östliche Melancholie und Tiefe hinter sich ließen, kam auch ungeheuer viel Witz und Leichtigkeit vor allem bei Andrej Lakisov ins Spiel. 

Bereits 2016 begründete dieser in Berlin seine eigene Konzertreihe „Ungezähmte Klassik“. Sie war für Martina König die Inspiration für dieses Projekt. „Unzähmbar“ heißt das Programm, weil Königs eigene und die Sehnsucht der Beteiligten nach Frieden stark und ungebrochen sind. Und weil sie mit ihren künstlerischen Mitteln dazu beitragen wollen, dass zumindest 90 Minuten lang ein solcher im gemeinsam kreierten Raum möglich ist. Unabhängig davon, wo jemand geboren wurde oder inzwischen lebt und arbeitet.

Im Oktober, November und Dezember folgen drei weitere Konzerte unter anderem mit der international bekannten Pianistin Nadezda Tseluykina, die im Oktober Werke von Bach, Schumann, Brahms, Tschaikowsky und Schostakowitsch spielen wird.

Einen Ausblick auf das November-Konzert gab am Samstagabend ganz am Ende der mystische Sänger Gennady Tkachenko-Papizh, den man schon von den vorherigen Friedensprogrammen des Theaterschiffs kennt und schätzt.

Hier interpretierte er Giora Feidmans „Auf das Leben“ und wechselte dabei mühelos zwischen hohen und niedrigen Frequenzen, imitierte Vogelgezwitscher und menschlichen Atem. Unglaublich magisch in diesem sehr lichten sakralen Raum.

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