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Kultur: Üppige Frauen, noble Frauen

Hermann Lüddecke und Robert Metzkes im KunstKontor

Stand:

Frauenhoch steht die Terrakottafigur von Robert Metzkes, züchtig schließt sie mit der rechten Hand ihren braunen Schal über dem Schoß, ihre schlanke Gestalt wird durch das bodenlange Kleid betont. Auf dem Kopf trägt sie ein kunstvoll geschwungenes Tuch, das dem blassen Gesicht einen noblen Ausdruck verleiht. „Christine“ heißt die ganz in warmen Brauntönen gehaltene Frau, die wie eine moderne, ein bisschen pikierte Wächterin das üppige Treiben um sie herum durch Zurückhaltung konterkariert.

Friederike Sehmsdorf hat in ihrer aktuellen Ausstellung im Kunstkontor künstlerische und inhaltliche Kontraste so zusammengebracht, dass daraus ein durchaus fruchtbarer Dialog entsteht. Das gemeinsame Thema der beiden ausstellenden Künstler Robert Metzkes und Hermann Lüddecke ist die Frau in ihrer Verführbarkeit und Verführungskunst. Die anmutige Präsenz der Terrakotta-Gestalten von Metzkes wird durch die üppige Fleischlichkeit der Frauenfiguren auf den Acrylbildern von Hermann Lüddecke, in ihrer Noblesse noch erhöht, die gewollte Vulgarität der Weibsbilder Lüddeckes kommt so noch greller, auffordernder und fleischlicher daher.

Robert Metzkes, 1954 in Pirna geboren, arbeitet seit den achtziger Jahren mit Terrakotta, bildet daraus menschengroße Figuren und Torsi, die allesamt durch ihre feine Art einen Charme erhalten, dem man sich nur schwer entziehen kann. Sie erobern den Betrachter auf den zweiten Blick. Lüddeckes wollüstige Frauen bewirken zunächst eine Art Schock, hervorgerufen durch die Dominanz blasser Hautmassen, die lasziv hingegossen oder kunstvoll gebogen ihre puppigen Reize ausstellen. Da dringen die runden Brüste und die penibel beschnittenen Schamdreiecke dem Betrachter unmittelbar in die Synapsen, erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass außer der perfekten Malerei, die durch die Glätte des aufgetragenen Acrylstrichs an Renaissance-Vollkommenheit und an Botero erinnert, noch eine weitere Ebene hinzukommt.

Ironisch wirkt die Inszenierung des ewig lockenden Weiblichen, so in „Eva“, die ungeachtet der grünen Schlange dem ihr grimmig betrachtenden Adam den Apfel vorenthält, in den dieser sicher gerne beißen würde, wenn sie ihn ließe. Adam ist ziemlich dunkelhäutig, trägt eine Intellektuellenbrille, nur sein hageres Profil ist erkennbar und die blaue Jacke scheint ihm auch nicht zu helfen. Nur die Frauen sind nackt auf den Bildern des 1938 in Falkensee geborenen Hermann Lüddecke. Die im Hintergrund oder auf der Seitenbühne agierenden Männer tragen alle was: Krone und rote Clownsnase zum Anzug bestimmen die traurige Gestalt des zusammengesunken auf dem Sofa Hockenden in „Fastenzeit“. Ganz offensichtlich hat er sein Ziel nicht erreicht, denn die Fleischgewordene, nur mit blauen Strümpfen und hochhackigen Schuhen bekleidete Gespielin hat sich von ihm ab- und dem Betrachter zugewandt. „An der Strandmauer“ darf zwar ein gemütliches Walross sich zu den drei Üppigen gesellen, der dunkelhäutige Sportler im Hintergrund jagt dem roten Ball nach und wird die Damen so sicher verfehlen. Dominant sind Lüddeckes Frauen allemal, sie lassen, wenn“s hochkommt, den Mops bei „zuhause ist“s am schönsten“ auf ihren Schoß, der Gatte dahinter kann sich noch so in Pose werfen, die gelassen Rauchende, leger Bekleidete interessiert das überhaupt nicht.

Da ist das Frauenbild, das Robert Metzkes anbietet, differenzierter: Nachdenklich wirken die Schönen, so die „Muse auf dem Sockel“, deren rote Haarpracht streng nach hinten frisiert ist, auch „Mona mit dem Zopf“ blickt melancholisch ins Ungewisse, und so werden sie souverän. Sie verfügen nämlich über mehr als Lüddeckes Frauengestalten, die zwar in der Mythologie spazieren, aber allesamt puppig-eitel wirken, über eine Aura, eine Persönlichkeit, die in nobler Gelassenheit in sich zu ruhen scheint. Der Kontrast zwischen den beiden Künstlern ist anregend und lädt zu allen möglichen Assoziationen und Spekulationen über Frauenbilder und Geschlechterverhältnisse ein. Was will eine Ausstellung mehr?

Zu sehen bis 13. Mai, Bertinistraße 16 B, Di + Mi 15-19 Uhr, Do 15-22 Uhr, Sa 13-18 Uhr.

Lore Bardens

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