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Von Dirk Becker: Variationen über zwei Vierbeiner

„Zeichen & Bilder“: Im Inselpavillon trifft asiatische auf europäische Kunst / Ausstellung ab Samstag

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Gong Chunhus Pinselstrich gleicht einem Tanz. Schwungvoll und elegant, forsch und herausfordernd, dann wieder zurückhaltend, fast schon ergeben. Ein faszinierendes Spiel zwischen Pinsel, der Tusche und dem hauchdünnen Seidenpapier. Es geht etwas Spontanes und gleichzeitig Bewusstes von den Bewegungen Gong Chunhus aus, wie er da über den Tisch im Pavillon auf der Freundschaftsinsel gebeugt, seine galoppierenden Pferde malt.

Es dauert nur ein paar Minuten, dann ist das großformatige Bild fertig. Ein Arbeitsprozess, der keine Pause kennt. Zwei Pferde hat der Chinese Gong Chunhu förmlich auf das Seidenpapier gestreichelt. Und wer neben ihm stand, ihn bei seiner Arbeit, besser gesagt seiner Kunstfertigkeit beobachtet hat, war schnell hineingezogen worden in den Sog, der nicht allein von dem entstehenden Bild, sondern vor allem von den Handbewegungen des Meisters ausgeht.

Gong Chunhu ist einer von fünf chinesischen Künstlern, die zurzeit auf Einladung des Potsdamer Vereins Teehausgalerie in der Landeshauptstadt zu Gast sind. Am gestrigen Dienstag waren Gong Chunhu, Zhang Guangjun, Jia Yonglin, Cheng Biao und Tian Wei zum ersten Mal in den Pavillon auf der Freundschaftsinsel gekommen, um ihren Arbeitsplatz für die kommenden vier Tag in Augenschein zu nehmen. Für das umliegende Grün der Freundschaftsinsel schienen sie vorerst keinen Blick zu haben. Sie hatten schnell die improvisierten Arbeitstische in Beschlag genommen und mit dem Zeichnen der galoppierenden Pferde begonnen. Ein Bildthema, das sie aus ihrer Heimat China mitgebracht hatten und das als Symbol für ihren Besuch in Potsdam gelten soll.

„Künstleraustausch Tangshan 2010 in Potsdam“ ist der offizielle Titel des Kurzbesuchs der fünf Künstler. Im Grunde ist das nun der Gegenbesuch zu der Reise von vier deutschen Künstlern, darunter die Potsdamer Malerin Marianne Gielen, die im vergangenen Jahr zu Gast im chinesischen Nanjing waren. Organisiert wird dieser Künstleraustausch, der ohne öffentliche Fördermittel, sondern nur durch private Sponsorengelder finanziert wird, vom Verein Teehausgalerie. Am Samstag wird in der Ausstellung „Zeichen & Bilder“ gezeigt, wie fruchtbar dieser Austausch nun in Potsdam gewesen ist.

Gegründet im Jahr 2007, hat es sich dieser Verein zum Ziel gemacht, die kulturellen Kontakte zwischen China und Deutschland zu intensivieren, wie Vereinsvorsitzende Anette Mertens am Dienstag im Inselpavillon sagte. Wie, das wird schon im langen Titel deutlich: Verein Teehausgalerie – Gesellschaft für deutsch-chinesischen Künstler- und Kulturaustausch Potsdam e.V.

„Unsere Idee ist die Konfrontation“, sagte Anette Mertens. Es nicht Anliegen des Vereins, den Künstleraustausch so zu gestalten, dass das Hauptprogramm der Tage durch Stadtbesichtigungen und Museumsbesuche abgedeckt und dann irgendwann eine Ausstellung mit den Werken der Gastkünstler eröffnet werde. Es gehe um eine künstlerische Begegnung im wörtlichen Sinne. Eine Begegnung als Experiment. „Über die Arbeit lernt man sich am besten kennen und gleichzeitig auch viel Neues über die andere Seite“, so Anette Mertens. Der so ruhig und fast schon schmerzhaft idyllisch gelegene Pavillon auf der Freundschaftsinsel, den der Verein Freunde der Freundschaftsinsel Potsdam zur Verfügung gestellt hat, sei hierfür der beste Ort.

In den kommenden Tagen sollen diese Begegnungen, dieses „Experiment mit offenem Ergebnis“, so Anette Mertens, intensiviert werden. Auf der deutschen Seite Marianne Gielen, Sabine Schneider, Kerstin Weßlau und Steffen Mertens. Auf der chinesischen Seite die Herren Gong Chunhu, Zhang Guangjun, Jia Yonglin, Cheng Biao und Tian Wei. Angefangen haben sie damit schon am Dienstag, in dem sie sich gegenseitig kurze Einführungen in die europäische und die chinesische Mal- und Zeichentechnik gegeben haben.

Nun sollen in den kommenden Tagen, inspiriert durch den gegenseitigen Austausch, künstlerische Werke entstehen, die auch in der am Samstag eröffnenden Ausstellung „Zeichen & Bilder“ im Inselpavillon zu sehen sein werden. Die fünf Künstler aus China wollten sich aber nicht nur auf die Arbeiten verlassen, die dieser Tage in Potsdam entstehen. Sie haben Bilder aus China mitgebracht, die in der Ausstellung gezeigt werden und einen Überblick über ihre künstlerischen Fähigkeiten geben sollen. Darunter auch traditionelle Pferdebilder, wie sie Gong Chunhu mit tanzendem Pinsel am Dienstag im Inselpavillon auf Reispapier streichelte.

Beide Pferde, eines schwarz, das andere weiß, stehen für die Länder China und Deutschland. Dass sie nebeneinander galoppieren, soll das kurze, auf nur wenige Tage beschränkte Zusammenarbeiten im Rahmen des Künstleraustausches in Potsdam symbolisieren, erklärt Gong Chunhu, während die Tusche auf seinem Bild trocknet. „Wir haben nicht viel Zeit, darum müssen wir uns beeilen.“

Derweil ist sein Kollege Jia Yonglin damit beschäftigt, seine Version der beiden dahineilenden Pferde auf Reispapier zu zeichnen. Und wieder schaut man gebahnt auf die Hand des Meisters, wo jeder Pinselstrich so spontan und doch genau überlegt scheint. Diese an der Kunst der Kalligraphie geschulte Technik, wo jede Bewegung eine Bedeutung hat. Auch am Samstag werden die chinesischen Maler den Besuchern dieses Können zeigen. Und das wird dann der Moment sein, der einen dieses ferne Land ganz nahe bringen kann.

Die Ausstellung „Zeichen & Bilder“ eröffnet am Samstag, 17 Uhr, im Pavillon auf der Freundschaftsinsel und ist Teil des 3. Asiatischen Kulturfestes „Feuer und Wasser“, das um 18 Uhr eröffnet wird. Eintritt kostet 7 Euro, erm. 5 Euro, Kinder bis 6 Jahre Eintritt frei. Unter anderem können die Gäste beim dem Kulturfest chinesische Musik, Kalligrafie, Tanz, Taiji und eine traditionelle Teezeremonie erleben. Die Ausstellung „Zeichen & Bilder“ ist bis zum 16. August, Mittwoch bis Freitag, 12-17 Uhr, Samstag und Sonntag, 12-18 Uhr, zu sehen

Dirk Becker

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