Kultur: Vater und Sohn

Irgendwann hörte er mit dem Pfeiferauchen auf. Das vertraute Geräusch des Abklopfens des Pfeifenkopfes verschwand . Er rauchte dann Zigaretten, ergänzt durch Zigarillos. Und diese kaufte er niemals selbst. Es gab Fahrer, Mitarbeiter und Parteifunktionäre, die sich darum kümmerten . Der „Alte“ (so nannten ihn seine Sicherheitsleute) bekam, was er brauchte.

Wenn Lars Brandt, Künstler, Autor und der zweitgeborene Sohn Willi Brandts von seinem Vater erzählt, ist man zuerst von seiner sprachlichen Begabung beeindruckt. Der Ton des Erzählers ist ungewöhnlich warm und distanziert zugleich.

Der beliebte Politiker von damals wird plötzlich zu einem Privatmann. Brandts Reden und Gesten machten Geschichte, so bleibt sein Kniefall bei einem Staatsbesuch in Warschau unvergessen. Bilder, die aus ihm eine Politikone machten.

Wer jedoch war dieser Mensch wirklich? Das Buch „Andenken“ (2006) ist ein Versuch des Sohnes, dem Vater näher zu kommen. Lars Brandt sammelt Puzzelsteine zu einem Bild, was wie er selbst weiß, nie vollständig sein wird. Es sind Szenen, Details und Begebenheiten, die seine oft humorvolle Erzählung vorantreiben.

So erinnert sich der Sohn beispielsweise an ein unruhiges Äffchen im Hause Brandt in Berlin Schlachtensee, er reflektiert aber auch die Zurückgezogenheit und Stille eines Mannes, der am besten in der Masse wirkte. Unbefangen erzählt Lars von einer Hungerattake, die die beiden zu einem nächtlichen Treff in der Küche zusammenführte.

Dieser Sohn liebte seinen Vater und dies obwohl dieser nie sein Kinderzimmer aufsuchte (vorüber sich wohl Rudolf Augstein einst empörte). Nähe und Ferne des Vaters spiegelt sich im Erzählprinzip des Autors und Sohnes wieder. Was bleibt, ist das Gefühl diesem kaum durchschaubaren Menschen einmal nahe gewesen zu sein.

Katarzyna Kaminska

Lesung mit Lars Brandt heute 20 Uhr, Wilhelmshorst, Peter-Huchel-Haus, Hubertusweg 41. Kartenvorbestellungen unter der Telefonnummer (033205) 62963.

Katarzyna Kaminska