Von Gerold Paul: Vater werden ist nicht schwer ...
Film- und Diskussionsabend über „entsorgte Väter“ in den Thalia Arthouse Kinos
Stand:
„Zukleben!“, kommentiert einer der vier Männer in Douglas Wolfspergers Film „Der entsorgte Vater“ bitter, als er das Verkehrsschild 242, das für „Beginn eines Fußgängerbereichs“ steht, vor sich sieht. Es zeigt auf blauem Grund, wie die Silhouette einer Frau die Silhouette eines Kindes an ihrer Hand führt. Für die Helden oder Antihelden dieses ersten Dokumentarfilms über gemobbte, denunzierte, vom Gesetz wie verlassene und also verzweifelte Väter ist dieses Pictogramm ein Stich in die Seele. Sie alle hatten nicht nur Probleme mit ihren Ehefrauen, die plötzlich auf Freiheit und „Selbstverwirklichung“ pochten. Sie hatten auch mit Familiengesetzen zu tun, welche die von der Scheidung ohnehin geschockten Kinder in neun von zehn Fällen fast automatisch den Müttern zusprachen, ihren Erzeugern aber entwürdigende, ja diskriminierende Bedingungen auferlegten, falls sie ihre Sprosse überhaupt treffen dürfen. Wer etwa die Zeit bei der „Rückgabe“ überzieht, wird zum „Kindesentführer“. Der Weg vom Vater zum „Kriminellen“ ist heute verdammt kurz.
Douglas Wolfsperger ist selbst so ein „entsorgter Vater“. Am Mittwoch war sein gleichnamiger Film in den Babelsberger Thalia Arthouse Kinos zu sehen. Er war der Auftakt zu einer Diskussionsveranstaltung „Wächst in Deutschland eine vaterlose Generation heran?“, zu der neben Wolfsperger Vertreter vom Bundesvorstand Väteraufbruch für Kinder e.V. und mit Peggi Liebisch die Bundesgeschäftsführerin vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. aufs Podium gekommen war.
Wolfspergers ausgerechnet in Karlsruhe gedrehter Film von 2008 will einseitig Partei ergreifen, subjektiv sein, nicht umsonst ist er seiner Tochter P. gewidmet, die er schon jahrelang nicht mehr sehen darf. Er kennt die Argumente der Behörden, die Tricks der Ehefrauen, um die Kindsväter fernzuhalten: Bloß nicht von ihr provozieren lassen, sonst heißt es, der hat ja keine Nerven, mit seinem Kind umzugehen! Eine andere zeigte den Vater wegen Kindesmissbrauches an, nur um ihn wegzubekommen; als sich das als Lüge herausstellte, änderte sich gar nichts. Wolfsperger lässt die Männer – Segelflieger, Vorarbeiter, Realschullehrer – einfach nur über ihre Kreuzwege reden, einer weinte dabei.
Die Behörden, das sind die Gerichte und Jugendämter, halten sich offenbar starr an irgendwelche Vorgaben. Obwohl der Passus nirgends definiert ist (und sein kann), dreht sich alles „um das Wohl des Kindes“, wobei der Staat es dazu sogar mündig macht: Sagt so ein Knirps, er wolle seinen Papa „nie mehr“ sehen, so gilt das vor Gericht! Man hat sich von ihm zu verabschieden, wie beim Sterben. Suchten „Trennungsväter“ dennoch Kontakt, wird das juristisch als „Aggression“ oder „psychische Gewalt“ interpretiert. Einige hielten diesen Stress nicht aus: um nie wieder in so eine Lage zu kommen, ließen sie sich sterilisieren. Der Neunzigminutenfilm zeigt nicht umsonst, wie „Kindeswille“ manipuliert werden kann.
Viele „Betroffene“ kamen, ihn am Mittwoch im „Thalia“ zu sehen. In der langen Diskussion danach war man sich zwar einig, dass die Rechtslage um zwanzig Jahre veraltet sei und auch Männer fies zu ihren Geschiedenen sein können, aber keine fragte nach den Ursachen dieser sozialen und rechtlichen Schieflage. Sagte nicht einer der verbitterten Männer im Film, die Übervorteilung der Mütter sei „gemacht und politisch gewollt“? Die Vertreter von „Väteraufbruch für Kinder“ und „Verband alleinerziehender Mütter und Väter“ hielten sich an ihre Spielregeln, die „Schadensbegrenzung“, Hilfe nach „mediativen“ Grundsätzen heißen: Man müsse beim Jugendamt eben nur den richtigen Ansprechpartner finden ...
„Ich werde nie aufhören, mich wie ein Vater zu fühlen, ich werde immer für meine Tochter da sein“, sagt einer mit Trotz. Vater – nicht „Erzeuger“, wie bei den Karnickeln!
Gerold Paul
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: