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Kultur: Verborgen

Spaziergang zur Mystik des Neuen Gartens

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Der Neue Garten steckt voller Geheimnisse. „Mystisches zur Blauen Stunde“ versprach deshalb die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten zur Eröffnung ihrer neuen Reihe „Entdeckung der Langsamkeit“, die am Freitag durch den Welterbepark führte. Wie der starke Zuspruch zeigte, eine zugkräftige Idee, die leider nur unvollkommen umgesetzt wurde. Das Geheimnis des Neuen Gartens besteht, wie der Gartenhistoriker Clemens Alexander Wimmer darstellte, in seinem freimaurerischen, insbesondere von den Rosenkreuzern bestimmten Programm, die unter anderem durch Geisterbeschwörung Kontakt zum Totenreich suchten. König Friedrich Wilhelm II. (Bruder Ormesus) hatte als Mitglied des Geheimbundes im Neuen Garten einen „Rosenkreuzerweg“ mit zahlreichen Stätten anlegen lassen, auf denen der Mensch schrittweise zu höherer Erkenntnis gelangen sollte. Er führte vom Marmorpalais mit seiner Geheimbibliothek an Gedächtnisurnen für den früh verstorbenen Lieblingssohn des Königs, Alexander, und seine Geliebte Gräfin Ingenheim vorbei. Dann an der Pyramide, die als Eingang zur Unterwelt verstanden wurde, dem Gärtnerhaus, der Muschelgrotte und einem verloren gegangenen Isis-Heiligtum zur im Vorjahr wieder aufgebauten Eremitage, die hinter einem dichten Gehölzgürtel versteckt war und nur von „Eingeweihten“ nach mühsamer Suche gefunden werden konnte.

In der Führung wurden, vielleicht aus Zeitgründen, nur drei Stationen gezeigt. Stiftungs-Chefrestaurator Hans-Christian Klenner erläuterte in der 1791 bis 1794 errichteten Muschelgrotte, die auch mit den Resten ihrer Auskleidung aus farbigen Mineralien geheimnisvoll glitzerte, wie es mit der Wiederherstellung weiter gehen soll. Dass die Grotte wahrscheinlich für das „brüderliche Tafeln“ der Rosenkreuzer genutzt wurde, erwähnte er nicht. Und der zum Hang hin angelegte, Wind durchwehte Gang schützt das Bauwerk vor Durchfeuchtung. Dass er auch „Spukeffekte“ zuließ, so durch einen dort aufgestellten Sprecher bzw. Musiker oder eine Äolsharfe, vertiefte Klenner nicht.

So blieben während des Rundgangs die Geheimnisse des Neuen Gartens unenthüllt. Näher kam ihnen die anschließende Soiree an der Eremitage mit Moderator Nils Niemann, den Streichern Irmgard Huntgeburth (Violine/Viola), Ulrike Wildenhof (Violine/Viola), James Bush (Violoncello) und dem Pantomimen Steffen Findeisen. Gespielt wurden Stücke von Lieblingskomponisten des Königs, wie Boccherini (dem er eine Jahresrente aussetzte), Gluck, Mozart, deren Opern er in Berlin zum Durchbruch verhalf, Beethoven und Duport, die 1796 gemeinsam im Marmorpalais konzertierten.

Mit den als „zeitgenössisches Arrangement für zwei gleiche Streichinstrumente“ gebotenen Favoritstücken aus der „Zauberflöte“ kamen Huntgeburth und Wildenhof der Mystik des Neuen Gartens nahe. Wie Tamino in der Mozartoper kann sich der Parkspaziergänger nach Passieren der Pyramide am Gärtnerhaus entscheiden, ob er sich weiteren Prüfungen aussetzen und den Weg zu höchster Erkenntnis fortsetzen will. Auf diesen Bezug hat ebenfalls C. A. Wimmer hingewiesen. Den Besuchern der „Blauen Stunde“ blieb er allerdings verborgen, denn, wie gesagt, weder Pyramide noch Gärtnerhaus waren in den Rundgang einbezogen worden. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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