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Kultur: Verlässlicher Querschnitt

Im Alten Rathaus: In memoriam Gerhard Rosenfeld

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Im Alten Rathaus: In memoriam Gerhard Rosenfeld Von Peter Buske „Kann er Mein Libretto so komponieren, wie er es vor sich hat?“, fragt Friedrich II. seinen Kapellmeister Carl Heinrich Graun. Doch die in Kunstdingen sehr eigenwillige Majestät nörgeln weiter: „Nun, ein Hasse ist er wohl nicht?!“ Die Arbeitsatmosphäre zwischen beiden bleibt gespannt. Spannend hat sie der Rosenfeld-Freund Gerhard Hartmann in seiner Erzählung „Montezuma in Sanssouci“ beschrieben. Sie bildet der überaus gelungenen musikalisch-literarischen Soiree „In memoriam Gerhard Rosenfeld“ das künstlerisch-philosophische Zentrum. Anlässlich des ersten Todestages des Rehbrücker Komponisten vom „Kreis der Freunde Gerhard Rosenfelds“ im vollbesetzten Musikzimmer des Alten Rathauses veranstaltet, gibt das Konzert einen verlässlichen Querschnitt durch das Werk des Tonsetzers. Viele einstige Weggefährten – ob künstlerische Mitstreiter oder zuhörende Liebhaber seiner Klänge – sind erschienen. Dagegen glänzen die studierenden Musensöhne, zum Teil von Rosenfeld ausgebildet, durch peinliche Abwesenheit. Auch ihnen hätten die kulturästhetischen Anmerkungen und vergnüglich-boshaften Betrachtungen über Intrigen am friderizianischen Hof, über die Kabalen der dort musisch Tätigen manche gedankliche Freude bereiten können. Man erfährt eine Menge über den fortschreitenden Kompositionsvorgang an der Graunschen Oper „Montezuma“ nach dem Libretto von Friedrich II. und dessen Vorstellungen zur Besetzung des Personals. Übrigens waren Majestät dabei sehr finanzknauserig. Potsdams Vorleser Klaus Büstrin kostet den Witz, die Ironie und tiefere Bedeutung der Erzählung reichlich aus, die ein kunsthistorisches Panorama jener Zeit plastisch ausbreitet. „Administration setzt Denken voraus“, lässt der Autor den König sagen. Die Spitze sitzt. Im Kontext dazu erklingen Auszüge aus Gerhard Rosenfelds bislang unaufgeführter Oper „Friedrich und Montezuma“ auf einen Hartmann-Text. Im Duett mit Jugendfreund Katte (sehr melodientrunken und sangesschön: Thomas Wittig, Bassbariton) räsoniert Jung-Fritz in passender deklamatorischer Überspitzung (prononciert: Reinhart Ginzel, Tenor) über die unerträglichen Zustände an Vaters Hofe. Er will nach England fliehen. In der Arie „Ich starre in den Abgrund meiner Träume“ zeigt sich der alte Fritz desillusioniert, denkt er über die politischen Folgen seines kriegerischen Tuns nach. Der edle, milde und gerechte Herrscher, symbolisiert in der Gestalt des Azteken-Königs Montezuma, ist am Ende. Nicht nur der beklemmende Monolog singt sich angenehm in die Ohren. Für die instrumentale Abteilung von Gerhard Rosenfelds umfängliches uvre, das die Musikwissenschaftlerin Vera Grützner in ein gerade im Druck befindliches Werkverzeichnis sortiert hat, stehen als klangvolle Belege zwei Kammermusikwerke auf dem prächtig konzipierten Programm. Zunächst die „Musik für einen Maler“, geschrieben für Flöte (Christian Lau) und Gitarre (Axel Elter). Längst hat das Potsdam Duo das dem Usedomer Bildschöpfer Otto Niemeyer-Holstein zugeeignete Werk in seinem Repertoire. Dem akkordischen Gitarrenbeginn mit seinem kräftig grundierenden Pinselstrich folgt die farbliche Ausmalung der Konturen durch die Flöte. Flatterzungenreich koloriert sie die Andantestimmungen, um im Allegro gleichsam sonnenflirrend die Tonlandschaft zu durchleuchten. Der heitere Duktus setzt sich in der 1997 für das Potsdam Duo komponierten „Musica Serena“ fort. Von Ton zu Ton, von Satz zu Satz ist es tatsächlich eine heitere Musik, unkompliziert aufzunehmen. Der faunischen Lüsternheit, expressiv von Flöte und Gitarre ausgespielt, folgt die besinnliche Ruhepause, dann der bukolische Kehraus. Die Künstler sind in dem Stück, das man profan als Spielmusik bezeichnen könnte, ganz in ihrem virtuosen Element. Für Rosenfelds Liedschaffen setzt sich die Mezzosopranistin Eva-Marlies Opitz ein. Ob „Einsamkeit“, „Herbst“ oder „Wandlung“ – stets hat der Tonsetzer exorbitante Intervalle verwendet. Für die Kehle der Interpretin kein Zuckerschlecken, gleich mit einem Nonensprung beginnen zu müssen. Stimmgewaltig setzt sie sich für die spröde Lyrik ein. Anderes ist für einen Mezzo schlichtweg zu hoch gesetzt. Rosenfelds extrovertierte, nicht eben ohrenfreundliche Vertonungen stehen in einem merkwürdigen Kontrast zur Poesie der Hartmann-Texte. In „Wandlung“ beispielsweise weht kein betörender Hyazinthenduft, sondern grollt der Gott des Berges. Und zwar als größtenteils dissonanter Klavierpart, den Inge Lindner sehr anpassungsfähig meistert.

Peter Buske

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