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Kultur: Verlorene Supermännlein

Schweizer Bildertheater beim Festival Unidram

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Schweizer Bildertheater beim Festival Unidram Einer Turnerriege gleich marschieren sie auf die Bühne, sechs Supermänner. Nicht annähernd so muskulös, der eine zu dick, der andere zu klein, haben sie sich dennoch ins schnittige Superman-Outfit gezwängt und versuchen Eindruck zu machen. Doch wie sie auch posieren, tänzeln, die Arme zum Flug ausbreiten, Kopfstehen oder sich zur Pyramide aufbauen, die schöne Angebetete zeigt keine Reaktion und bleibt unerreicht. In „(love story) Superman“ setzte das Schweizer Theater Nummer 23 Prod. am Samstag bei Unidram in der Reithalle A auf die visuelle Kraft inszenierter Bilder. Nahezu ohne Worte, dafür aber mit lebenden Figuren, Videoprojektionen und elektronischer Klangkulisse illustrierte Regisseur Massimo Furlan das erotische Scheitern seiner Anti-Helden. Die Erlösung kommt in Gestalt zweier Feen, die die auf Miniaturgröße geschrumpften Supermännlein durch zauberhafte Berührung kreiseln lassen und so von ihren einengenden Kostümen befreien. Zum Vorschein kommen sechs Herren in kurzen Hosen – Männer wie Du und Er. Als gleich darauf das Licht angeht und die Figuren verschwinden, bleiben auf der Bühne die grauen Pappklischees zurück, auf die nun die Zuschauenden ein eigenes Bild projizieren können. Wozu aber? Wollen Menschen, die die Problemschärfe oder auch Provokation eines Theaterstücks suchen, tatsächlich mit Klischees konfrontiert werden, noch dazu solchen, die in oberflächlichen Medien bedient werden? Impliziert wird ein gänzlich unkritisches Medienverhalten; die Fähigkeit zur Selbstbestimmtheit scheint völlig ignoriert. Und wenn schon Comicfiguren oder Fantasiehelden aus der Kindheit herhalten sollen, so stellt sich doch die Frage nach ihrer tatsächlichen Funktion. In welcher Beziehung stehen denn kindliche Medienerfahrung und Alltagswirklichkeit? Möglicherweise wäre ja auch das Superman-Phänomen eine Betrachtung wert gewesen, die permanente (Selbst-)Überforderung, immer schneller, besser, perfekter sein zu müssen – ein Problem, das die weiblichen Zuschauer nicht weniger beschäftigt. Nur hätte dies vorausgesetzt, gesellschaftliche Bezüge herzustellen. Die aber fehlten. Das Bildertheater blieb irgendwo hängen zwischen kindlicher Märchenwelt und Fantasiegebilden scheinbar nicht erwachsen werden wollender Männer. Wäre es wenigstens komisch gewesen, man hätte darüber lachen können. So aber blieb ein eher ratlos schauendes Publikum zurück. Antje Horn-Conrad

Antje Horn-Conrad

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