Kultur: „Verschlusssache Tschetschenien“
Fotoausstellung von Musa Sadulajew im Kunstraum Potsdam ab 8. September
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Zwei Kriege, permanenter Terror und alltägliche Gewaltexzesse: Tschetschenien zählt zu den gefährlichsten Regionen der Welt. Auch wenn Putin immer wieder die Normalisierung der Lage, die Befriedung des Nordkaukasus’ betont: in Tschetschenien herrscht nach wie vor Krieg. Jeden Monat verschwinden hunderte Tschetschenen, viele werden brutal gefoltert und kehren nie zurück. Russische Soldaten riegeln immer wieder Siedlungen systematisch ab, durchsuchen und beschießen Häuser, nehmen vor allem junge Männer fest.
Der Fotograf Musa Sadulajew hat die schmerzvolle Geschichte seines Landes in schonungslosen Bildern festgehalten. Seine Bilder sind ab 8. September im Kunstraum Potsdam, Schiffbauergasse, zu sehen. Sadulajew fotografierte das Elend in den überfüllten Flüchtlingslagern in Inguschetien und auf der Straße liegende erschossene 18-Jährige in russischen Uniformen. Er visualisiert die Trauer namenloser alter Männer in der Trümmerwüste Grosny und zeigt Kinder, die mit Granaten spielen, Kinder ohne Arme und Beine. Seine Bilder vom Bombenattentat auf den tschetschenischen Präsidenten Achmat Kadyrow und von der blutigen Geiselnahme von Beslan gingen um die Welt.
Musa Sadulajew versteht sich nicht als Künstler, sondern als Chronist. Seine Bilder wählt er nicht nach ästhetischen Kriterien aus, der dokumentarische Anspruch steht im Vordergrund. Aber dennoch sind sie keine Schnappschüsse, sondern intuitiv komponierte Aufnahmen, die die absurde Grausamkeit eines Krieges zeigen, den Russland gern unter Verschluss hält und zu dem der Westen beharrlich schweigt.
Sadulajew fotografiert unter ständiger Lebensgefahr zwischen den Fronten und wird zum Störfaktor für beide Seiten, Russen und Tschetschenen. Derzeit ist er in der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte zu Gast. Er hat über 1300 Bilder mit nach Deutschland gebracht, die im September und Oktober im Kunstraum Potsdam in Ausschnitten zu sehen sein werden.
Ergänzt wird die Ausstellung, die von Thomas Roth (ARD) eröffnet wird, durch ein umfangreiches Rahmenprogramm. Neben einer Lesung, die sich mit den „schwarzen Witwen“ auseinandersetzt, werden drei Filmabende zum Tschetschenien-Konflikt veranstaltet. Darüber hinaus gibt es verschiedene Podiumsgespräche, beispielsweise mit Gerd Ruge und der tschetschenischen Menschenrechtlerin Taita Junusova.
Die Ausstellung wird unterstützt von der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung, der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte, der zero one film GmbH und dem swr. PNN
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