Kultur: Versuch eines Trialogs: Boström, Mueller Preuss und Liccini
Unterschiedliche Arbeitsweisen von Künstlern in der Ausstellung der Stilfabrik
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In der Posthofstraße ist nicht viel Verkehr und in der Stilfabrik ist an diesem Vormittag nicht viel los. Außer den beiden Angestellten gibt es keine Neugierigen, die sich in die ehemaligen Fabrikhallen verirren und in die dort ausgestellten Möbel setzen wollen. Auch im dritten Stock, in der „Event Lounge“, bleiben die zahlreichen Stehtische weitgehend unter sich. Vielleicht tut das den ausgestellten Werke ja ganz gut, aber eigentlich hätten sie es verdient, von mehr Augen betrachtet zu werden.
Im „Trialog“ befinden sich großformatige Gemälde von Jörg Boström, abstrakte, entfernt manchmal an Kalligraphien erinnernde kleine und große Arbeiten von Manfred Mueller Preuss und eine Auswahl unterschiedlicher Werke des Regisseurs Rolf Loccini. Nur wenige sind aus den letzten Jahren.
Am Raumeingang hängt Jörg Boströms „Nicht fotografieren“. Auf dem großen Format halten mehrere graue, von grünen Schatten umrahmte Personen Zeitungen vor ihren Kopf. Nur ein Mann im Anzug scheint unberührt und läuft stoisch weiter. Die mit raschem Pinselstrich hin geworfene Menschengruppe wehrt den allzu eifrigen Blick ab. Die Besucher, die das Glück haben, eine Titelliste zu erhalten, erfahren, dass die Szene in Vilnius „fotografiert“ wurde, und zwar im Jahr 1988. Das erklärt die ablehnende Haltung und Angst vor Zensur, die aus dem Bild spricht. Daneben hängen kleinere Arbeiten unter Glas von Manfred Mueller Preuss, der die Fantasie des Betrachters mit seinen meist schwarzen Klecksen, Linien, Flächen und Punkten auf der weißen Grundfläche auf einen Spaziergang schickt. Ästhetische kleine Arbeiten sind das, die mehr Spaß machen als seine großen, von denen eines am Eingang zum Café hängt, und wiederum Kleckse auf ockergelbem Grund zeigen. Ein wenig scheint er bei diesen größeren Werken aus der Form zu geraten, andererseits aber lassen sich diese Bilder auch lesen wie der Schatten einer fröhlichen Party, bei der die Menschen – die dickeren Kleckse – ihren Standpunkt behalten, aber ein bisschen aufeinander zufließen und sich miteinander verbinden.
Jörg Boström ist der narrativste der drei Maler, in „Landvermessung“ mischt er seine beiden Hauptthemen Menschen und Landschaft. Da steht Einer klein am linken Bildrand und fügt sich in die wellenförmige Landschaft ein. Sein Konterpart steht weit von ihm entfernt auf der graugelben Ebene, die sich noch weiter hinten in einer gräulichen Bergmasse verliert. Dieses Bild hat fast etwas Romantisches, auch Caspar David Friedrich hat seinen „Mönch am Meer“ ganz klein in die ihn umgebende Landschaft gestellt und ihn farblich an diese angeglichen. Doch die weiteren Arbeiten von Boström widersprechen diesem Eindruck, allen voran das „Ende des Puppentheaters“. Hier ziehen die leblos gewordenen Kasperle-Puppen ihre greinenden Holzgesichter sehr lang und der Kopf des im Vordergrund sitzenden Teddys hat ebenfalls allen menschlichen Halt verloren. Rolf Liccini, im Hauptberuf Film- und Fernsehregisseur, nutzt seine restliche kreative Energie, um Fotos von berühmten Menschen zu machen oder Acrylfarben graphisch aufs recht kleinformatige Papier zu bringen oder um zu zeichnen. Interessant die Aufnahmen des alten Gründgens von 1965, graphisch klar seine „Erotika“-Zeichnungen und hintergründig seine Collagen. Da stecken in einer Uhr zwei Federn und die Künstlerschrift fragt: Was macht die Zeit, wenn sie keine Zeit hat?
Insgesamt ergeben diese Arbeiten des 1940 Geborenen allerdings ein sehr divergierendes Bild in Stil, Material und Sujet, während bei seinen Kollegen eine klare Sprache herausgebildet ist. Manfred Mueller Preuss ist 1951 geboren und damit der jüngste der drei Ausstellenden, Jörg Boström ist Jahrgang 1936 geboren.
Durch die Hängung gelangen die Werke nicht wirklich in einen Trialog, da spricht jedes Bild nur mit sich, aber ein interessanter Einblick in drei unterschiedliche Arbeitsweisen gewährt die Ausstellung dennoch. Jedenfalls für all jene, die in den dritten Stock der Stilfabrik finden.
Stilfabrik, Posthofstraße 5
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