Kultur: Verwirrung stiften ist das Motto der Künstler
NSK-Laibach gastierte im Lindenpark
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NSK-Laibach gastierte im Lindenpark Gegen halb zehn erzitterte am vergangenen Freitag der Lindenpark unter den pathetischen Klängen der Eurovisionsmelodie. Dies ist das Zeichen für die rund 250 Besucher, sich vor der Bühne zu versammeln. Der Grund ist das nicht unumstrittene Künstlerkollektiv NSK-Laibach, welches mit donnernden Bässen, und der eindringlich fordernden Stimme von Sänger Milan Fraz in Potsdam einfällt. Die fünf Slowenen provozieren mit Symbolik, die der totalitärer Systeme nicht unähnlich ist. Verwirrung ist das Motto der Künstler. Doch die im Lindenpark Erschienenen,wissen weshalb. Die Eurovision steigert sich zu einem ohrenbetäubenden Crescendo, während die Mitglieder der „Neuen Slowenischen Kunst“ (NSK) die Bühne betreten. Frontmann Milan Fraz lässt einige nervenzerreißende Minuten auf sich warten, bis auch er die Bühne stürmt und dem Potsdamer Publikum sein „Alle gegen alle“ entgegenschleudert. Angetan mit einem langen Lederrock, freiem Oberkörper und Lederkappe singt er auf deutsch und englisch mit unverkennbar tiefer Stimme und slowenischem Akzent. In wenigen Minuten hat Fraz sein Publikum hypnotisiert. Eine Begrüßung gibt es nicht. Nur harte, dunkle Drums die an das Schrittmaß einer aufmarschierenden Streitmacht erinnern. Dunkel, bedrohlich-heroisch. Die stampfenden Rhythmen werden nur ansatzweise durch sehr filigrane Gitarrensoli unterbrochen. Düstere Männerchöre und immer wieder Fraz“ Stimme jagen einen Gänsehautschauer nach dem andern durch die Menge.Die vier Mitstreiter des Frontmanns tragen Reithosen in schwere Reitstiefel gesteckt zu hochgeschlossenen schwarzen Hemden. Ebenso uniformiert sind zwei blondbezopfte Sängerinnen, die Fraz zum Klassiker „1234“ auf die Bühne holt. Ohne eine Miene zu verziehen dreschen die Damen links und rechts von Fraz auf kleine Trommeln in perfekter Choreografie ein. Fast könnte man meinen, es handele sich um Puppen, sähe man nicht die Schweißperlen auf den Gesichtern der Trommlerinnen. Indessen fordert Fraz von den Potsdamern: „Gebt mir ein Leitbild!“, und singt: „Es gibt nur eine Richtung, eine Erde ein Volk. Ein Leitbild.“ Das Motto der NSK ist die Überindentifizierung. Das auch ironisch wirkende Spiel mit totalitären Symbolen und einer gewaltigen Sprache erinnert, stößt viele zunächst auch vor den Kopf. Dennoch gelingt es Laibach, die keinesfalls einem radikalen Lager zuzuordnen sind, durch derart subversive Taktiken auf die Gefahren jeder Art von Totalitarismus aufmerksam zu machen. Corina Brucker
Corina Brucker
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