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Kultur: Verzweifelt vom Fernweh singen

Das Epiphany Project kommt ins Waschhaus

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Frank Zappa ist jünger geworden. Mit diesem jugendlich-trotzigen Blick, der eigentlich allein Zappa vorbehalten war, schaut John Hodian einen an – eine optische Täuschung beinahe. Aber erst recht eine akustische: Denn was das Duo Epiphany Project spielt, hat mit dem anarchischen Jazz der Legende Zappa nicht allzu viel zu tun.

Das Attribut heißt „Avantgarde-Folk“, ein Begriff aus längst verrosteten Bedeutungen. Die aber eine Renaissance erleben: In Zeiten beschleunigter Globalisierung scheint die Rückbesinnung auf musikalische Wurzeln Konjunktur zu haben. Wobei der amerikanische Folk sich nie auf das Niveau der europäischen „Volksmusik“ hinunterbegeben hat – er blieb immer bissig und bedeutend. Attraktiv ist er seit jeher der Texte, nicht in der Musik wegen.

Am Samstag sind also die Amerikaner Epiphany Project, die sich als Sprachrohr der ganzen Welt sehen, im Waschhaus zu Gast. Ihre Musik strotzt von zärtlichen Schnörkeln: akzentuiertes Schlagzeug, Klavier und Gesang von Bet Williams, die mit viel Pathos über die leidens- und lebenswerte Welt singt. Die Inspirationen kommen aus allen Ecken des Planeten: Afghanistan, Israel, Irland, Armenien, Türkei – überall hat das Epiphany Project die konservierungswerten musikalischen Quellen aufgesammelt und neu zusammengesetzt. Das Ergebnis könnte melodramatischer nicht sein: Fast schmachtend ist diese Musik voller Fernweh und Verzweiflung, die einen gelähmt zurücklässt. Als ob man eine Weltreise nur mit den Ohren machen würde, eine akustische Kreuzfahrt.

Wenn es dazu ein Album gäbe, müsste es „The Poet and the Revolution“ heißen – tja, und das tut es auch. Denn mit leise vor sich hin plätschernder Unterhaltung hat die Band so wenig zu tun wie Frank Zappa mit dem Landespolizeiorchester. Wer entführt werden will, dem sei das Konzert ans Herz gelegt: So realistisch wird man so schnell nicht wieder an einem Abend um die Welt reisen dürfen. Oliver Dietrich

Epiphany Project am heutigen Samstag im Waschhaus, Schiffbauergasse. Beginn ist 20 Uhr, der Eintritt kostet 18 Euro an der Abendkasse.

Oliver Dietrich

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