Kultur: Viel Frau in der Galerie am Neuen Palais
Öl und Graphik: Frank W. Heine zeigt bis 8. Juli „Weibsbilder und andere Landschaften“
Stand:
Als kämen sie von einem anderen Stern, schauen „sechs weiße Männer“ auf ihren Holzpfählen mit Gipsgesichtern und staunenden Augen in die Ausstellung, die derzeit in der Galerie am Neuen Palais stattfindet. Dass diese sechs Gestalten, der eine mit Bärtchen, der andere mit üppiger Haartracht, der dritte mit einer fetten Lippe, alle in die Luft glotzen und so tun, als hätten sie mit den Ölbildern und der Graphik von Frank W. Heine nichts zu tun, kann man ihnen nicht verdenken: Stehen sie doch solitär in dieser Kunstlandschaft als einzige plastische Arbeiten, die aber einen Witz verraten, der im übrigen, insgesamt undatierten Werk aus den letzten zwanzig Jahren, nicht unbedingt zu erkennen ist.
Immer wieder versucht nämlich Frank W. Heine, der 1945 in Grüna in Sachsen geboren wurde, sich am Objekt Frau. „Cognac" heißt das schwarz-grün umfärbte Porträt einer Frau, deren Gesicht fast vom bauchigen Glas und dem Rauch, der aus ihrer Zigarette aufsteigt, verdeckt wird. Ihr Blick aus dem sichtbaren rechten Auge schaut den Betrachter nicht an, sondern über den Bildrand hinaus in eine träumerisch erhoffte Ferne, in der es ihr wohl besser gehen möge. Vielleicht aber hat sie ja auch einen anderen Mann im Visier, weil derjenige, der sie porträtiert, ihr so nahe wie möglich kommen will?
Der „große weibliche Akt“ und die Dame mit dem „französischen Zopf“ allerdings bieten sich dem Künstlerauge an, ohne vor ihm zu fliehen. Ihre Körper, der eine von vorn, der anderen in der Rückenansicht, füllen die gesamte Bildfläche aus, behalten aber ihre Sinnlichkeit für sich. Ganz anders der „Rotschopf“, in dem das Klischee der willigen Rothaarigen lustvoll ausgekostet wird: Lasziv und offenbar zu allem bereit, bietet sich die schlanke Frau mit dem feuerroten Haar dem Auge dar. „An der Bar“ steht eine kurzhaarige Blonde im blauen kurzen Kleidchen, ihre Pose ist auf Distanz ausgerichtet, aber der Arm, der die Zigarette sehr hoch hält, zeigt einen Willen zu möglicher Erotik. Der „Akt im blauen Sessel“ dagegen ist wohl sehr skeptisch, hat sein rotes Miniröckchen anbehalten und scheint der eigenen wallenden Körperlichkeit gegenüber nicht gewogen zu sein. Die Sitzhaltung der Frau verrät, dass sie sich lieber in die weichen Polster des Sessels verkriechen, als sich diesem Blick noch länger aussetzen würde.
Interessant die schwarzhaarige Dame im schwarzen Minikleid mit den sehr roten Lippen und der unvermeidlichen Zigarette, die in der „Gelateria“ am kleinen Tischchen klebt, als gebe es in ihrem Leben keine andere Rettung. Aus der Reihe der akribischen Versuche, das Rätsel Frau für immer und ewig zu entschlüsseln und im Bild zu bannen, fällt „Danach“: Fast verschwommen ist die Rückenansicht der Geliebten, sie wird umspielt von Gelb- und Orangetönen und erscheint in einem sanften, weichen Licht, aus dem tatsächlich eine Art von Befriedigung zu sprechen scheint. Hier wirkt der Wille des Künstlers wie weggeblasen, er überlässt sich seinem Gefühl und schafft ein spannungslos-spannungsvolles Bild.
Zahllos sind die weiteren Frauenporträts und Akte, von denen das kleinformatige „Porträt nach alter Manier“ überrascht. In Öl gibt es auch Landschaften zu sehen: „Hochufer“ und „Flussaue/Elbwiesen“ zeigen Impressionen deutscher Landschaften in sommerlicher und herbstlicher Stimmung. Sie sind elegisch schön und lassen träumen. Da verrät der Künstler eine Kraft, die vielleicht gerade durch das Loslassen vom konkreten (Frauen-)Objekt entstehen mag. Und in den Graphiken, die in dem kleinen Kabinett hängen, findet Frank W. Heine zu einem fast Kollwitzschen Strich von starker Ausdruckskraft: In der „Vernissage“ sind die Köpfe der Klatschmäuler alle in eine Richtung gedreht, auf dass sie nichts verpassen mögen von dem aufregenden Geschehen, das sie ihren wahrscheinlich langweiligen Leben noch lange einverleiben mögen, und in „Ausschankschluss“ gelingen Momente verzweifelter Sucht.
Ein interessantes, disparates Werk eines Künstlers auf der Suche nach dem fremden Wesen Frau und einem eigenen Stil. Lore Bardens
Samstag, 20 Uhr, Galeriekonzert: Andreas Schulte spielt am Klavier eigene Songs und die bekannter Musiker.
Lore Bardens
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