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Kultur: Viel Lärm um Heiteres im Nikolaisaal

„Die Komponisten haben Shakespeare nicht über den Weg getraut, sondern ihn meistens nur als Anreger benutzt“, weiß Moderator Clemens Goldberg gleich zu Beginn seiner „Klassik am Sonntag“-Moderation dem andächtig lauschenden Auditorium mitzuteilen. Das reizvolle Thema „Schlag nach bei Shakespeare“ wird diesmal erörtert, denn bei dem steht was drin, wie der Bildungsbürger weiß.

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„Die Komponisten haben Shakespeare nicht über den Weg getraut, sondern ihn meistens nur als Anreger benutzt“, weiß Moderator Clemens Goldberg gleich zu Beginn seiner „Klassik am Sonntag“-Moderation dem andächtig lauschenden Auditorium mitzuteilen. Das reizvolle Thema „Schlag nach bei Shakespeare“ wird diesmal erörtert, denn bei dem steht was drin, wie der Bildungsbürger weiß. Doch wo nachschlagen? Im Original? Oder doch der besseren Verständlichkeit wegen in Übersetzungen? Wenn ja, in welchen? Für Deutschsprachler dürften es die Tieck-Schlegelschen sein? Und die anderen? Fragen über Fragen, die der unterhaltsame Nachmittag mit seinen abwechslungsreichen Offerten von Shakespeare-Adaptionen aber auch nicht zu beantworten vermag. Dafür verspricht er musikalischen Hochgenuss, für den die Brandenburger Symphoniker unter Leitung von Michael Helmrath einstehen.

Zuerst die Nicolaische Huldigung an die „Lustigen Weiber von Windsor“. Was da bereits in der Ouvertüre an Ironischem und Abgründigem, an Innigkeit und turbulentem Treiben in Noten gefasst ist, bringen die Musiker klanggeschmeidig, mitunter schwelgerisch zur Geltung. „Nun eilt herbei, Witz, heit“re Laune“ verkündet anschließend Frau Fluth alias Julia Henning, deren Stimme mühelos den Raum füllt und das Orchester übertönt. Von fundierter Tiefe bis hinauf in kraftvoll geschmetterte Höhen entströmen Frohsinn und Laune ihrer virtuosen Kehle. Dazu verfügt sie, die sich den Dirigenten als direkten Ansprechpartner ihrer gesungenen Verführungskünste erwählt, über enormes Spieltalent. Er geht leider nicht darauf ein, widmet sich vielmehr seinen orchesteranspornenden Aufgaben. Wenig später begeistert die Sängerin in Rezias leidenschaftlicher Bravourarie „Ocean! Thou mighty monster“ aus dem Weberschen „Oberon“. Verzweiflung, Aufbäumen, Hoffnung und Jubel: all das findet sich in der Stimme von Julia Henning. Wahrlich eine Entdeckung.

Ins Reich der märchenhaften Verstrickungen und amourösen Abenteuer, der Elfen und Rüpel entführen Auszüge aus Mendelssohn Bartholdys Schauspielmusik „Ein Sommernachtstraum“. Geheimnisvoll und duftig wispert es feengleich in den Streichern, geht es rüpeldeftig zur Sache, werden die Paare detailreich und klangakzentuiert durcheinander gewirbelt. Posaunenumglänzt und trompetenstrahlend schreitet der Hochzeitsmarsch einher. Der Luftgeist Ariel (aus Shakespeares „Sturm“) hätte seine helle Freude, wie hier bis hin zur Versöhnung von Titania und Oberon atmosphärisch dicht musiziert wird. Diverse Liebeskonstellationen hält auch die Suite aus der Schauspielmusik zu „Viel Lärm um Nichts“ von Erich Wolfgang Korngold (1897-1957) bereit: zwei, die zusammenwollen, aber nicht dürfen; zwei die nicht wollen, aber müssen. Die wirkungsvolle Musik im Hollywood-Sound schwelgt mühelos in die Ohren, schrammt haarscharf am filmmusikalischen Kitsch vorbei. Fürs Schmachten sorgen ein Cellosolo, Harmonium- und Klavierklänge. Grotesk endet der Ausflug in einem „Mummenschanz“. Viel Lärm um Heiteres.

Die tragische Seite von Shakespeare zeigt sich mit Tschaikowskys „Romeo und Julia“-Fantasieouvertüre vor. Die Tragödie der Liebenden aus Verona wird von den Brandenburger Musikern in düsteren Klangfarben und melancholischen Stimmungen erzählt. Spannend werden die dramatischen Zuspitzungen gestaltet, Julias Lieblichkeit und Romeos Feuer geradezu theatralisch ausgedeutet, klagend Pater Lorenzos Versagen angedeutet, martialisch das Ende geschildert. Ohne kitschig zu wirken folgt die Verklärung. Und enthusiastischer Beifall.Peter Buske

Peter Buske

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