Kultur: Viel Lärm um nichts
Rock ohne Inspiration im Waldschloss
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Rock ohne Inspiration im Waldschloss Lärm ist nicht immer unbedingt gleich Krach! Als das Waldschloss eine „Noise of Potsdam“-Nacht ankündigte, erwartete man Lärm von der besseren Sorte: Lärm als Kunstform und Inspiration durch Aufbrechen verkrusteter Hörgewohnheiten. Doch es war enttäuschend. „Mandala“, eine fünfköpfige Band aus Luckenwalde, knallte dem spärlichen Publikum ihre Version modernen Garagenrocks entgegen. In bester Tradition der so genannten „The“-Bands wurde einfach drauflos geknüppelt. Man merkte sofort, dass sie einen kräftigen Schluck „Motörhead“ genommen hatten, denn die beiden Gitarristen Rene Schulze und Marcus Jäntsch spielten oft gehörte, knackige Gitarrenriffs. Doch über allem tönte „Sänger“ Christoph Hildebrand. Er kreischte und bellte ins Mikrofon, als gäbe es kein Morgen. Seine Stimme war nicht mehr als ein beißendes Geräusch übersteuerter Höhen, die sich in die Gehörgänge fräsen. Endlich konnte der Autor seinen neuen Ohrstöpsel einen Härtetest unterziehen. Der extrovertierte Frontmann degradierte seine Bandkollegen zu Statisten und zog schon nach dem ersten Lied sein T-Shirt aus, um der Menge seinen Speck auf den Rippen zu zeigen. Mandala wagten keine großen Experimente, sondern drehten alle Regler „auf 10“ und spielten ihr Set routiniert herunter. Damit das ganze auf Dauer nicht eintönig wurde, gab es auch kleine Ausflüge in die vernebelte Stonerrock-Ecke aus den Anfangstagen der Band und ein oder zwei Crossovernummern. In letztere Kerbe schlugen dann auch „Strange Stuff“ aus Berlin rein. Ähnlich „innovationsfreudig“ wie Mandala spielten sie Rocksongs, die „Die Happy“ oder „Guano Apes“ längst im Proberaum aussortiert hätten, weil sie schlicht keinen Ohrwurmcharakter haben. Frontfrau Diana Tüngerthal scheiterte daran, den spröden Gitarrenriffs mit ihrer erdigen Stimme eine einprägsame Melodie zu verpassen. Manchmal jedoch schien es, als hätte sich doch noch ein echter Kracher ins Set von Strange Stuff verirrt: ein groovendes Intro baute Spannung auf und schürte Erwartungen, die dann treffsicher in den Strophen und spätestens im Refrain enttäuscht wurden. Wo bleibt der Masterplan, bitteschön, wollte man da mit „Tocotronic“ fragen. Das Potenzial der fähigen Einzelmusiker wurde so jedenfalls nicht ausgeschöpft. Das quittierten die Eintrittszahler mit einem Gang an die Bar, wo sie in der Überzahl waren und dem Krach mit einem Bier und „Nirvana“ aus der Konserve entkamen. Patrick Steller
Patrick Steller
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