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Kultur: Viel Natur zu Gast im Sommer

„Sommergäste“ mit neun Künstlern im Kunstkontor von Friederike Sehmsdorf

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In „Sommergäste“ beschrieb Maxim Gorki vor mehr als hundert Jahren eine selbstgefällige, unausgefüllte Gesellschaft im Urlaub, die sich über Kunst, Religion und auch mal wegen eines Bieres streitet. Ganz anders die „Sommergäste“ genannte Schau im Kunstkontor von Friederike Sehmsdorf.

Neun Maler und zwei Bildhauer haben die Remise in der Bertinistraße für den Sommer gerüstet. Die Natur ist weitgehend vorherrschend, die wenigen Menschen, die auf den Bildern und als Figur gezeigt werden, sind hauptsächlich weiblichen Geschlechts und bilden natürlich ein Ziel für das im Sommer besonders aktive Begehren – und sei es nur in der Lust des Blickes. Robert Metzkes „Liegende mit ausgestrecktem Arm“, eine Terrakottafigur aus dem Jahr 2004 posiert natürlich nackt, halb liegend, halb sitzend, das schöne Köpfchen gereckt, damit ihr auch nichts entgeht, die Haare braun wie die halbmondförmigen Brauen über den Augen, der Mund fleischig rot. Sinnlichkeit spricht der Figur aus allen Terrakottaporen. Die „Hieke yellow“ von Clemens Gröszer gibt körperlich was von sich preis, ansonsten aber wirkt sie wie eine ihre inneren Regungen fest verschließende Prinzessin: Auf goldgelbem Grund sitzt sie blond, jung und nackt wie Eva auf einem Hocker. Stolzen und ein wenig schüchternen Blickes schaut sie seltsam reglos ins Leere, und eigentlich würde sie trotz ihrer Nacktheit unschuldig wirken, wenn nicht die linke Hand direkt zur Scham führte – der knallrote Handschuh zeigt deutlich, wo der Sommer auch landen kann. Dieses Bild kommt ein wenig manieriert daher, birgt aber in sich einen wahrhaftigen Kontrast, der den Betrachter nicht nur wegen der holden Weiblichkeit faszinieren kann. Gröszers „Anna mit Holzkugel“, ein Holzschnitt auf Japanpapier, lässt ein ebenfalls handwerklich und körperlich perfektes Mädchen in leichter Bekleidung den Kopf so über den Hals drehen, dass sie selbst in der Rückansicht den Interessierten im wollüsternen Blick hat.

Viele der anderen ausgestellten Arbeiten befassen sich weitgehend naturalistisch-impressionistisch mit Natur und Landschaft. Johannes Heisig zeigt ein Bauernhaus im Wind („Übern Zaun“), einen üppigen Rosenstrauß und in „Ausflug“ sehr bewegten Himmel über grün changierendem Meer. Gudrun Brüne hat den Schraubenzieher neben ihr Blumenstilleben gelegt, Nicolaus läst bei seinen Blumen eine perspektivisch kleinere Rokokodame lustwandeln, damit sie auch sehr blumenhaft wirke. Lore Willmann dringt mit ihrer Malerei tief in die Beschaffenheit der Früchte ein: Da liegen Johannisbeeren, Birnen und Äpfel auf einem schmucken Berg, und man fragt sich, wie sie die Details trotz der wässrigen Farbe so exakt auf die Seide bekommt. Die Autodidaktin bräuchte für ein solches Bild fast 200 Stunden und würde während der Arbeit kaum schlafen, erklärt die Galeristin.

Barbara Putbrese lässt Boote auf kleinen Aquarellen schaukeln und drei Zypressen sich im Wind wiegen und Sebastian Kommerell, der jüngste der ausstellenden Künstler, gibt seiner Sturm- und Drangzeit Ausdruck mit sehr tief hängenden, bewegten Wolken über einem „Sommertag in Brandenburg“.

Formal fallen zwei Künstler aus der Ausstellung heraus, und man weiß nicht, ob sie auf einer sommerlichen Wiese landen: Strawalde, auch als Filmemacher Jürgen Böttcher bekannt, zeigt zwei Assemblagen, die weitgehend abstrakt atmen und mit "Marine" ein Ölbild von 1998, das ausschließlich mit hellen Tönen spielt. Wer genau hinschaut, erkennt die Segel der Boote, die das Weite suchen. Und Antoinette, die auch mit Politikerskulpturen aus Bronze (Hannah Laurien und Egon Bahr) in Erscheinung getreten ist, zeigt Wasserszenen in Öl, die sich, verglichen mit den eher traditionellen Stillleben und Landschaften, in diesem Ensemble fast verwegen modern ausnehmen.

Und draußen auf der Terrasse wacht der „Reiter mit Kind" von Emerita Pansowová über die illustre Sommergesellschaft, ein wenig steif, wahrscheinlich, um die Sinnlichkeit da drinnen nicht überhand nehmen zu lassen.

Bis 2.9., Tel. (0331) 58 17 366

Lore Bardens

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