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Kultur: Viel zu weit weg

Auf dem Krongut Bornstedt: Das Poetenpack versucht sich an Shakespeares „Sommernachtstraum“

Stand:

Auf dem Krongut Bornstedt: Das Poetenpack versucht sich an Shakespeares „Sommernachtstraum“ Shakespeare ist für jedes Ensemble eine Herausforderung, erst recht, wenn man sich anschickt, seinen „Sommernachtstraum“ mit nur sieben Darstellern über die Rampe zu bringen, wie es das „Poetenpack“ am Donnerstag bei einsetzendem Regen auf Bornstedt’s Krongut versuchte. Dies als „Leistung“ anzuerkennen, versteht sich von selbst, dennoch verließ man den Ort des Geschehens am See drei Stunden später ohne das Wohlgefühl, erhoben worden zu sein. Irgend etwas in Andreas Lüder’s Inszenierung sperrte sich. Am professionellen Einsatz der Schauspieler lag es gewiss nicht, man spielte mit Eifer und vielfach eiliger Verwandlung in mehreren Rollen. Aus dem Zelt neben der Bühne drangen von Harfe und Percussion (Simonetta Ginelli, Botho Karger) fast sphärische Klänge ans Ohr, ein Ding zu verhüllen, das bei Shakespeare mit dem Traum so gut spielt wie es die Wirklichkeit träumt. Auch hier? Der „Sommernachtstraum“ ist ein Stück des Aufruhrs gegen jedwede Tradition der Alten auf mehreren Ebenen. Bei den Schattengeistern im Nachtwald erhebt sich Titania (Julia Littmann) gegen ihren allmächtigen Gatten Oberon (Paul El Selman) eines indischen Fürstenknaben wegen. Am athenischen Hofe von Theseus (derselbe Darsteller) klagt Egeus (Lars Wild) gegen die eigene Tochter Hermia (Chris Zambo), weil sie mit Demetrius (Sebastian Müller) nicht den Bräutigam seiner Wahl heiraten mag. Vor die Frage Tod oder Enthaltsamkeit gestellt, flieht sie mit ihrem Geliebten Lysander (Christoph Keune) in den Wald, wo die Geister der Oberen für Verwechslungen und derbdreiste Späße sorgen, allem voran Oberons boshafter Puck (Lars Wild), die schönste Figur dieser Inszenierung. Er ähnelt in seiner merkuralischen Erscheinung einem dicken und träge tappelnden Käfer, sehr schön. Auch das zweite Paar, Demetrius und Helena (Anna Kube), hat es in jenen Zauberwald verschlagen. Sie verfolgt ihn bis zur Erniedrigung, doch er will nichts von ihr wissen. Pucks Wunderkraut bringt schließlich alles durcheinander: Titania muss den Weber Zettel (Sebastian Müller) trotz des aufgehexten Eselskopfes lieben, und statt Helena mit Demetrius zu kuppeln, erwischt er mit Lysander den falschen. Am Schluss, nach der arg vergeigten Handwerkerszene, kommt alles ins Lot, am Hofe des hehren Theseus (Oberon sagt, er könne wegen vieler Verfehlungen kaum Recht sprechen, sah man das?) werden drei Hochzeiten gefeiert. Auch der „Fürst der Schatten“ hat sich gegen den Aufruhr Titanias behauptet. Ende gut, alles gut? Poetenpack’s „Sommernachtstraum“ ist als Tourneetheater gemacht, man muss die Orte nehmen, wie sie kommen. Doch in Bornstedt gab es ein Raumproblem. Lange Gänge verzögerten den Rhythmus, es dauerte ewig, bis alle Handwerker zur Probe von „Pyramus und Thisbe“ auf der fast kahlen Bühne waren. Die Spielfläche selbst war viel zu weit weg, der Raum zwischen Rampe und Publikum blieb weitgehend ungenutzt. Man mühte sich kaum um Zuschauerkontakte. Da konnte sich die liebestolle Titania gebärden wie sie nur wollte, sie blieb trotz ihres schwarzen Kostüms im Wortsinn fern. Während die Damen sich allmählich ins Exzessive hineinspielten, waren die dazu passenden Galane entweder bläßliche Liebhaber oder in anderen Rollen gut. Lüders Zentrifigal-Inszenierung wirkte bei ihrer Potsdam-Premiere akademisch unterkühlt. Kaum Doppelbödigkeit und Detail, kaum Hitze im Spielen mit Worten, wo doch in diesem Stück die Welt mehr aus den Fugen ist als bei „Hamlet“. Da zündete nicht viel. Zu fern. Konzeptionell Fragwürdiges kommt hinzu, die Handwerker werden nicht ernst genommen, Zeremonienmeister Philostrat (Lars Wild) bleibt das Finale überlassen. Theseus hüllt sich in Schweigen. In der Pause wurde man zum „Umparken“ gedrängt. Ein Unding, der Parkplatz schließt um 22 Uhr. Nächste Vorstellungen 17., 18. 7., 22. bis 25.7. jeweils 20 Uhr auf dem Krongut

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