Kultur: Viele Wege führen zu Mozart
Musikfestspiele Sanssouci bereiten den Boden der Vorklassik / 40 Konzerte mit 740 Künstlern geplant
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Sehr genau wissen die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci, was zum musikalischen Dreh- und Angelpunkt des Jahres hinzugefügt werden kann, ohne das Thema „Mozart“ zu wiederholen oder gar zu ignorieren. Dem gestern vorgestellten Programm der diesjährigen Festspiele gelingt das kleine Kunststück, die allerorts fälligen Mozarthuldigungen zu ergänzen und zugleich Potsdam selbstbewusst in die Reihe musikalischer Zentren der Vorklassik einzureihen.
Allein das Plakat für die vom 2. bis 18. Juni stattfindenden Festspiele illustriert deren künstlerisches Konzept überaus sinnfällig: In frühlingshaftem Grün erscheint das Musikzimmer von Friedrich II. im Neuen Palais mit dem wertvollen Cembalo des Königs sowie der lang gezogene Hals eines Cellos und eine typische, vergoldete, zierliche Rokokodekoration mit Musikinstrumenten. Die Zeit vom flötenspielenden Friedrich II. und seinem Nachfolger Friedrich Wilhelm II, der ein begeisterter Cellospieler war, ist in die Kulturgeschichte unter Namen wie Rokoko, Empfindsamkeit oder auch Sturm und Drang eingegangen. In dieser Übergangszeit wechseln die Formen und Inhalte geradezu atemberaubend schnell, denn es ist ein weiter Weg vom Barock zur Klassik. Gleichwohl besitzt gerade diese Epoche – wie das vielfältige Programm der diesjährigen Musikfestspiele zeigen möchte – ihre ganz besonderen Reize. Man könnte sie als fruchtbaren Boden, als schöpferisches Experimentierfeld beschreiben, auf dem schließlich die reifen Werke der Klassik wachsen. Potsdam befindet sich in der glücklichen Lage, einige Originalschauplätze frühklassischer Musik zu besitzen, wie das Schlosstheater, Konzertzimmer im Neuen Palais und im Marmorpalais sowie den Palmensaal im Neuen Garten. Dass Wolfgang Amadeus Mozart Potsdam einen, wenn auch nicht sonderlich erfolgreichen Besuch abstattete, bildet einen weiteren Ausgangspunkt des Programms. Denn der Sohn reiste wie schon sein Vater Leopold natürlich nur an künstlerisch aufgeschlossene Orte, von denen er sich eine adäquate Unterstützung erhoffte. Über den eigenen Standort hinaus folgen die diesjährigen Festspiele den Spuren von Leopold Mozart an europäische Orte der Musikavantgarde seiner Zeit, wie Mannheim, Wien, Neapel, Paris und – abweichend von der historischen Route – Madrid. Aus all diesen konzisen Überlegungen entstand ein ebenso abwechslungsreiches wie musikhistorisch tief schürfendes Programm.
Für rund vierzig Konzerte werden 740 Künstler aus zehn Ländern anreisen, neben Kammer- und Solokonzerten gibt es vier Kinderkonzerte sowie sieben Opernaufführungen, die sicher besondere Höhepunkte werden. In Kooperation mit der Kammerakademie Potsdam erlebt die Oper „Le nozze de Dorina“ von Baldassare Galuppi ihre Wiederauferstehung. Das auf einem Libretto von Goldoni beruhende Lustspiel gilt als veritabler Vorläufer von „Figaros Hochzeit“ und war Mozart erwiesenermaßen bekannt. Daneben erfährt das kaum bekannte Singspiel „Die Feuerbrunst“ von Haydn eine Aufführung als Marionetten-Oper durch eine amerikanische Puppenbühne.
Unter dem Titel „Eine große Nachtmusik“ findet erneut ein stimmungsvolles Freiluftkonzert am Orangerieschloss statt. Fast alle Altersgruppen, einzige Voraussetzung ist Schwindelfreiheit, können die eingerüsteten Kolonnaden am Neuen Palais besichtigen. Bei dieser gemeinsam mit der Schlösserstiftung geplanten Veranstaltung geht es um die Suche von musikalischen und architektonischen Rokoko-Spuren.
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