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Kultur: Vier Bücher und drei Meinungen

Der 3. „Literarische Salon“ in der Reithalle

Stand:

Vier Bücher, vier Meinungen und ein Schauspieler. Es sollte auf die bewährte Mixtur auch am morgigen Sonntag beim 3. „Literarischen Salon“ in der Reithalle zurückgegriffen werden. Doch nun werden zu vier Büchern nur drei Meinungen zu hören sein, und ein Schauspieler, Jan Dose vom Hans Otto Theater, liest.

Im vergangenen Jahr ins Leben gerufen laden Oliver Geldener, Chefredakteur bei Potsdam TV, und der Buchhändler Carsten Wist zwei Gäste in den „Literarischen Salon“, um sich mit ihnen über ausgewählte Neuerscheinungen auf dem deutschen Buchmarkt zu unterhalten. Einmal im Frühjahr, nach der Leipziger Buchmesse. Und einmal im Herbst, nach der Frankfurter Buchmesse. Ein Schauspieler vom Hans Otto Theater liest jeweils kurz Abschnitte aus den zur Diskussion gestellten Büchern vor.

Am morgigen Sonntag war neben Gretel Schulze vom Potsdamer Kabarett Obelisk auch Peter-Michael Diestel, Rechtsanwalt und letzter DDR-Innenminister, als Gast beim „Literarischen Salon“ geladen. Aber Anfang der Woche hat Diestel seine Teilnahme absagen müssen. Doch wer Gretel Schulze schon bei der Premierenveranstaltung vor einem Jahr erlebt hat, wird wissen, dass sie redet, wie ihr das Mundwerk gewachsen ist und dabei humorvoll-pointiert zu argumentieren versteht, für das gewisse Etwas in dieser Expertenrunde sorgt und die Besucher den fehlenden Herrn Diestel gar nicht vermissen lassen wird.

Neben zwei Romanen und einer Novelle steht an diesem Abend ein Sachbuch mit dem schlichten Titel „Täve“ auf dem Programm. Es ist die Autobiografie des Radrennweltmeisters und Friedensfahrtsiegers Täve Schur, der im Februar seinen 80. Geburtstag feiert. Und man darf gespannt sein, was Gretel Schulze wohl zu den Lebenserinnerungen eines leidenschaftlichen Radfahrers sagen wird.

Mit Arno Geigers „Der alte König in seinem Exil“ steht neben Thomas Glavincis Roman „Lisa“ ein Buch zur Debatte, das zu den bemerkenswertesten Neuerscheinungen in diesem Frühjahr zu zählen ist. Geiger hat hier ein Buch über seinen dementen Vater geschrieben, dessen wachsender Verlust an Erinnerungen und welche Auswirkungen das auf die Familie hat. Und mit diesem ganz persönlichen, schonungslosen und unaufgeregten Ton, den Geiger für dieses Buch gefunden hat, wird die Lektüre von „Der alte König in seinem Exil“ zu einer berührenden und so gewinnbringenden zugleich. Im Gegensatz dazu Glavinics „Lisa“. Der Monolog eines Mannes, der sich von einer Serienmörderin verfolgt glaubt, in ein Landhaus zurückgezogen hat und nun wutverzweifelt seine Tiraden über ein Internetradio verbreitet. Ein so wildes und hinterhältiges, so durchgeknalltes wie wahnsinniges Buch. Und dann noch die Novelle „Freitisch“ von Uwe Timm. Ein regelrechtes Kleinod und eine Verneigung Timms vor dem Sprachjoungleur Arno Schmidt. Timm lässt hier zwei einstige Arno-Schmidt-Adepten sich nach 40 Jahren zufällig wiedertreffen und über die alten Zeiten reden, als sie, Studenten noch, am Freitisch in der Kantine einer großzügigen Versicherung saßen und Reden drechselten, über die sie selbst nur staunen konnten. 130 Seiten voll feiner Ironie und sprachlicher Finessen. D.B.

Literarischer Salon am morgigen Sonntag, 18 Uhr, in der Reithalle in der Schiffbauergasse. Der Eintritt ist frei

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